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Interview 27.02.2014 11:56:00

"Krankenkasse wieder als Gesamtlösung betrachten"

Der Wettbewerbskommission war eine umstrittene Vereinbarung des Branchenverbandes Santésuisse ein Dorn im Auge - jetzt wurde diese fallengelassen. Krankenkassen-Experte Stephan Wirz zu den Folgen.

Interview: Volker Strohm

Der Krankenkassen-Verband Santésuisse hat auf Druck der Schweizerischen Wettbewerbskommission (Weko) eine Vereinbarung aus dem Jahr 2012 aufgehoben. Um welche Punkte ging es da?
Stephan Wirz*: Die Branchenvereinbarung stützte sich auf drei Pfeiler: ein Verbot der Telefonakquisition im Bereich der Grundversicherung, eine Beschränkung der Grundversicherungs-Provision auf 50 Franken pro Abschluss und minimale Ausbildungsrichtlinien für Versicherungsvermittler.

Die Weko stellt fest, dass Werbung das A und O der freien Wirtschaft ist. Inwieweit teilen Sie diese Meinung im vorliegenden Fall der Grundversicherungen?
Auch im Bereich der Grundversicherung ist ein Wettbewerb wünschenswert. Es soll ein Anreiz bestehen, innovative Produkte auf den Markt zu bringen, effizient zu arbeiten und somit attraktive Prämien anbieten zu können. Bei der Grundversicherung geht es also nicht um Werbung, sondern um Beratung, da die Kunden sehr oft nur bescheidene Kenntnisse der Grundversicherung haben.

Droht aus Konsumentensich jetzt vermehrter "Telefonterror"?
Nein, es wird keinen "Telefonterror" geben - diese Branchenvereinbarung hatte keinerlei Einfluss auf die Telefon-Akquisition, da die Grund- und die Zusatzversicherungen als Gesamtpaket betrachtet werden müssen. Die Branchenvereinbarung erweckte in der Öffentlichkeit den Eindruck, dass es sich um generelles Telefonverbot handelt, was jedoch nicht der Fall war. Der Verdacht liegt jedoch nahe, dass dies mit der Branchenvereinbarung indirekt bezweckt wurde.

Dieser öffentliche Eindruck wird auch dadurch verstärkt, als dass die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) behauptet, der Werbeverzicht sei gar nie eingehalten worden.
Noch einmal: Ich halte diese Diskussion um die Werbung für grundsätzlich falsch. Für die Zusatzversicherungen war eine telefonische Akquisition jederzeit erlaubt. Die Zusatzversicherungen ergänzen die Grundversicherung, und somit müssen beide Bausteine immer gemeinsam betrachtet werden. Kurz gesagt: Es wird sich nicht viel ändern. Die Kunden wurden im Bereich der Zusatzversicherungen akquiriert, es liegt jedoch auf der Hand, dass auch die Grundversicherung bei der Beratung eine wesentliche Rolle gespielt hat - und zwar in Bezug auf die Prämien, auf die Leistungen und auf allfällige Deckungslücken.

Es ging mit der Vereinbarung also gar nicht um den Kundenschutz?
Wäre bei dieser Vereinbarung hauptsächlich der Schutz des Kunden im Vordergrund gestanden, so wären klare, verbindliche Ausbildungsrichtlinien festgelegt worden. Dies wäre für die Zukunft wünschenswert, und zwar für die gesamte Versicherungsbranche.

Dann sind die Gewinner des Weko-Entscheids die Krankenversicherer?
Es wird Druck von den Schultern genommen, da die Krankenversicherung jetzt wieder als Gesamtlösung betrachtet wird.

Weshalb ist das Thema Grundversicherung denn so matchentscheidend? Inhaltlich unterscheiden diese sich die Angebote doch kaum.
Der Eindruck ist falsch. Gerade im Bereich der Grundversicherung besteht der grösste Beratungsbedarf, da es sich um eine sehr komplexe Angelegenheit handelt. Zudem beansprucht die Grundversicherung ja auch einen sehr grossen Teil des Haushaltsbudgets. Daher ist es wichtig, auch in diesem Bereich die Beratungsdienstleistungen anzubieten.

Welche Folgen wird der Weko-Entscheid auf einen einfachen Nenner gebracht haben?
Ganz unspektakulär: Am Ende des Tages entscheiden einzig und allein die Kunden, ob sie eine Beratung wünschen oder nicht. Und, dies wird auch ohne Branchenvereinbarung so bleiben.

* Stephan Wirz ist Leiter Vertrieb und Mitglied der Geschäftsleitung des Maklerzentrum Schweiz AG.

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