ESG-Trend |
08.09.2022 22:12:00
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Greenwashing-Vorwürfe: Lohnt sich der "Mehraufwand" für Green Bonds?
Das Thema ESG ist mittlerweile in aller Munde. Immer mehr Anleger achten bei ihren Investments auf Nachhaltigkeit. Auf der anderen Seite überlegen zahlreiche Emittenten mittlerweile - lohnt sich der Mehraufwand überhaupt?
• Emittenten befürchten Greenwashing-Vorwürfe
• Fehlende Standards lassen viel Raum für Fehler
Das eigene Geld nachhaltig anlegen - dies ist ein Wunsch, den immer mehr Anleger hegen und der durch den ESG-Trend in den letzten Jahren immer häufiger bedient werden konnte. ESG steht für Environmental, Social und Governance, was sich mit Umwelt, Soziales und Unternehmensführung übersetzen lässt. So versprechen Unternehmen, die beispielsweise sogenannte Green Bonds ausgeben, die Erlöse aus den "grünen Anleihen" für nachhaltige Zwecke auszugeben. Die Idee hat in den letzten Jahren immer Anklang gefunden und zahlreiche Emittenten ebensolcher nachhaltigen Geldanlagen sind wie Pilze aus dem Boden geschossen. Allerdings haben sich mittlerweile auch die ersten Problematiken des gehypten ESG-Trends offenbart. So wird der ESG-Sektor bisher nicht reguliert, es gibt auch keine bindenden Standards. So ist nicht immer ist auf den ersten Blick erkenntlich, wie das ESG-Rating einer Anleihe zustande gekommen ist.
Emittenten überdenken Ausgabe von ESG-Bonds
Doch nicht nur auf der Anlegerseite kann die passende Wahl eines ESG-Bonds grosse Herausforderungen bergen. Auch für die Emittenten von Green Bonds gibt es viel Raum für Fehler. So müssen sich Anbieter von nachhaltigen Geldanlagen häufig mit Greenwashing-Vorwürfen herumschlagen. Aus diesem Grund überlegen es sich viele Unternehmen mittlerweile zweimal, ob sich der Mehraufwand für das Auflegen von nachhaltigen Unternehmensanleihen überhaupt noch lohnt. "Es gibt eine Reihe von Emittenten, die das Kosten-Nutzen-Verhältnis neu bewerten", meint Jason Taylor, Managing Director für Nachhaltigkeitsberatung und -finanzierung bei der National Bank of Canada, gegenüber Bloomberg. "Wenn man eine erfolgreiche nachhaltige Finanzierungstransaktion definiert, gibt es viele Dimensionen, nach denen man sie analysieren kann", so Taylor weiter. "Eine davon sind die Kosteneinsparungen durch das Greenium. Aber wenn dies mit einem hohen Mass an kritischer Prüfung nach der Transaktion einhergeht, kann es einige Leute dazu veranlassen, zu hinterfragen, ob diese ein oder zwei Basispunkte wirklich das Risiko wert sind, dass vielleicht ein paar sehr unangenehme Artikel geschrieben werden."
Schwierigkeiten in der Vergangenheit
So gab es bereits Fälle, in denen Emittenten von grünen Anleihen mit juristischen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. So hat die US-Börsenaufsicht SEC beispielsweise mit der US-Bank BNY Mellon einen Millionen-Vergleich geschlossen, nachdem der Bank vorgeworfen wurde unzureichende Angaben zu ESG-Kriterien ihrer Investmentfonds gemacht zu haben. Mittlerweile sind die Fondsunterlagen aktualisiert worden. Auch bei der Deutsche Bank-Tochter DWS kam es bereits zu Durchsuchungen aufgrund von Greenwashing-Verdachtsmomenten. Als Konsequenz musste DWS-Chef Asoka Wortmann seinen Hut nehmen.
Doch es muss nicht immer gleich zu solchen gravierenden Folgen kommen. Manchmal sind es auch die Anleihe-Rahmenbedingungen selbst, die für Stirnrunzeln sorgen. So hat eine Untersuchung von Bloomberg News von mehr als 70 mit Nachhaltigkeitskriterien verbundenen revolvierenden Kreditlinien und befristeten Darlehen, die seit 2018 in den USA eingerichtet wurden, ergeben, dass mehr als ein Viertel davon über keinerlei Strafen verfügte, wenn die erklärten Ziele nicht erreicht wurden beziehungsweise es nur einen winzigen Rabatt gab, wenn die Ziele erfüllt wurden.
Doch nicht nur die Emittenten selbst werden vorsichtiger, wenn es um die Ausgabe von ESG-Anleihen geht. Auch Vermögensverwalter begegnen Pitches rund um Green Bonds mit grösserer Vorsicht. Wie Isobel Edwards von NN Investment Partners zu kürzlich verlautete, würden die Anlageexperten insbesondere dann skeptisch, wenn eine nachhaltige Anlage zu perfekt erscheine: "Wir neigen dazu, es als Greenwashing zu bezeichnen, wenn es auf den Markt kommt und alles zu 100 Prozent in Einklang steht und alles so grün ist wie nur irgend möglich, der Nachhaltigkeitsplan der beste auf dem Markt ist", zitiert Bloomberg die Börsenkennerin.
Mehr Regulierung bietet besseren Rahmen
Die Probleme rund um die fehlenden Standards bei ESG-Labels haben auch die Behörden mittlerweile ins Auge fasst und wollen durch Vorgaben für mehr Transparenz und einheitliche Kriterien sorgen. So hat die Europäische Union mit dem Green Deal bereits Massnahmen auf den Weg gebracht, Greenwashing zu verhindern. Schon ab dem Berichtsjahr 2023 gibt es dabei für Emittenten umfassende Berichts- und Offenlegungspflichten. Dies kann den Emittenten von Green Bonds letztlich zugutekommen, so kommentiert Taylor laut Bloomberg: "Greenwashing ist nicht unbedingt immer freiwillig. Die Standards entwickeln sich immer schneller, so dass diese Grauzonen immer mehr aufgelöst werden. Im Laufe der Zeit wird sich der Markt von selbst bereinigen."
Redaktion finanzen.ch
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