Zu viele Unsicherheiten |
15.02.2023 21:16:00
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IPO-Markt ausgetrocknet: Warum sich 2022 kaum Unternehmen an Europas Börsen trauten
Im vergangenen Jahr trauten sich in Europa kaum neue Unternehmen aufs Börsenparkett - der IPO-Markt trocknete nahezu vollständig aus. Lediglich dem Spin-off der ehemaligen VW-Tochter Porsche Sportwagen ist es zu verdanken, dass die Lage nicht noch katastrophaler ausfiel. Für 2023 gibt es bei den Börsengängen jedoch wieder Hoffnung.
• Börsengang von Porsche machte 2022 64 Prozent des gesamten europäischen IPO-Marktes aus
• Primärmarkt der Deutschen Börse auf Platz eins bei Börsenplatzierungsvolumen
Die Aktienmärkte wurden im Jahr 2022 von geopolitischer Instabilität und allerlei Unsicherheiten belastet. Eine steigende Inflation, die aggressive Zinserhöhungspolitik der Notenbanken weltweit, der Ukraine-Krieg sowie Lockdowns in China, die sich auf die globalen Lieferketten auswirkten, sorgten dafür, dass Rezessionssorgen immer mehr das Geschehen an den Börsen beherrschten. Das hatte auch Auswirkungen auf den IPO-Markt. Wie "Financial News" unter Berufung auf Daten der Association for Financial Markets berichtet, war 2022 das schlechteste Jahr für die Kapitalaufnahme am europäischen Aktienmarkt seit 1995.
Kräftiger Einbruch bei IPOs in Europa nach Rekordjahr 2021
2022 wurden mit Börsengängen in Europa laut Daten der Association for Financial Markets lediglich 14,2 Milliarden Euro eingenommen. Das ist ein Rückgang von rund 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als europäische IPOs noch ein Volumen von 69 Milliarden Euro erzielten - allerdings gilt 2021 auch als Rekordjahr für Börsengänge. Laut einer Erhebung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC, die beim IPO-Volumen für 2022 ebenfalls einen Rückgang um rund 80 Prozent ermittelte, gab es in ganz Europa im vergangenen Jahr nur 102 Börsengänge - im Vergleich zu 442 IPOs im Jahr 2021. Von den 102 Börsengängen 2022 konnten dabei nur 20 ein Volumen von mehr als 100 Millionen Euro aufweisen.
Der grösste Börsengang in Europa im vergangenen Jahr war das Spin-off Porsche Sportwagen Ende September. Mit einem Platzierungsvolumen von rund 9,1 Milliarden Euro war allein dieser Börsengang für 64 Prozent des Volumens des gesamten europäischen IPO-Markte in 2022 verantwortlich. Dass der europäische IPO-Markt ohne den Porsche-Börsengang noch viel katastrophaler ausgesehen hätte, zeigt sich auch daran, dass der zweitgrösste Börsengang nach dem Sportwagenbauer laut PwC das Börsendebüt von Var Energi in Oslo war, das lediglich ein Volumen von 776 Millionen Euro vorweisen konnte. Somit gab es laut PwC 2022 kein einziges traditionelles IPO mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde Euro. Der Börsengang von Porsche wird dabei nicht als traditionelles IPO gewertet, da es sich um das Spin-off einer Volkswagen-Tochter handelte.
Börse Frankfurt dank Porsche-IPO in Europa ungeschlagen
Durch den Porsche-Börsengang schaffte es der Primärmarkt der Deutschen Börse sowohl laut den Daten der Association for Financial Markets als auch laut PwC unter den europäischen Handelsplätzen auf Rang eins beim Börsenplatzierungsvolumen. So wurde laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Frankfurt mit vier IPOs ein Volumen von insgesamt 9,413 Milliarden Euro erzielt. Auf Platz zwei liegt laut PwC die Borsa Italiana mit zwölf Börsengängen und einem Volumen von 1,375 Milliarden Euro, gefolgt von der London Stock Exchange mit 17 Börsengängen und einem Volumen von 1,127 Milliarden Euro. Hier gibt es jedoch eine leichte Abweichung zu den Daten der Association for Financial Markets, die die LSE laut "Financial News" auf Rang zwei sieht, allerdings mit einem noch etwas geringeren Volumen von 1,01 Milliarden Euro.
Während der grösste Börsengang in Deutschland, wie bereits erwähnt, das Spin-off von Porsche war, dürfen sich in Italien der Halbleiterkonzern Technoprobe (Platzierungsvolumen von 713 Millionen Euro) und in Grossbritannien der Energiekonzern Ithaca Energy (Platzierungsvolumen von 299 Millionen Euro) über diesen Titel freuen.
Aus Branchensicht machte laut der Association for Financial Markets übrigens - erneut wegen Porsche - die Auto- und Lkw-Industrie den grössten Anteil an den Börsengängen in Europa aus. Auf den zweiten Platz schafften es Finanz-IPOs mit einem Gesamtvolumen von 1,7 Milliarden Euro.
Experte erwartet Rückkehr der IPO-Aktivität für 2023
Nicht nur in Europa, sondern auch weltweit ging die Zahl der Börsengänge im vergangenen Jahr drastisch zurück. Während PwC für 2021 weltweit noch 2'682 IPOs mit einem Gesamtvolumen von 608 Milliarden US-Dollar verzeichnete, waren es 2022 nur noch 1'154 IPOs im Volumen von insgesamt 173 Milliarden US-Dollar. Bei den weltweiten IPO-Erlösen lag 2022 laut den Wirtschaftsprüfern Festlandchina mit einem Anteil von 40 Prozent auf Platz eins.
Doch nach dem ernüchternden Jahr 2022 besteht Hoffnung, dass sich die Situation am IPO-Markt in Europa und weltweit in 2023 wieder bessert. "Obwohl die IPO-Aktivität in Europa im Vergleich zum Vorjahr um fast 80 Prozent zurückgegangen ist, gibt es einen erheblichen IPO-Rückstand, der darauf wartet, dass sich das IPO-Fenster wieder öffnet", so Richard Spilsbury von PwC. Er rechne daher mit einer Rückkehr der IPO-Aktivität, sobald die Volatilität an den Börsen nachlasse und die Märkte sich zu einem gewissen Mass stabilisiert hätten. Dann würden Unternehmen aus den Bereichen "Pharma, Erneuerbare Energien und 'Clean Tech' wahrscheinlich ganz vorne in der Warteschlange für Börsengänge stehen", so der Experte.
Redaktion finanzen.ch
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