Risiko-Management essentiell |
26.03.2023 14:22:00
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Ken Griffin über Fed-Intervention bei Silicon Valley Bank: "Der US-Kapitalismus bricht vor unseren Augen zusammen"
Dass durch den Kollaps von Silvergate Capital, SVB Financial Group und Signature Bank ausgelöste Bankenbeben sendet noch immer Schockwellen durch die Märkte. Die US-Notenbank reagierte schnell auf die umgreifende Bankenkrise und ergriff Massnahmen, um die Einleger der Banken zu schützen. Ein Schritt, der nicht von allen Marktexperten begrüsst wurde.
• US-Regierung, Notenbank und Einlagensicherung garantieren Einlagen
• Ken Griffin hält Hilfsmassnahmen für falsches Signal
Es begann mit dem Zusammenbruch des auf Kryptowährungen spezialisierten US-Finanzkonzerns Silvergate Capital, der Anfang März aufgrund der andauernden Flaute des Krypto-Markts freiwillig die eigene Abwicklung bekannt gab. Schon kurz darauf geriet auch der auf kleine und mittlere Tech-Unternehmen spezialisierte Finanzierer SVB Financial in Schieflage und versuchte mit einer Kapitalerhöhung eine Krise abzuwenden, was jedoch scheiterte. Anleger flohen in Scharen aus dem Unternehmen, sowie der dazu gehörenden Silicon Valley Bank, was sich auf den gesamten Bankensektor auswirkte. So gerieten zahlreiche Bank-Titel unter starken Druck, viele Einleger versuchten ihr Geld bei grösseren Finanzhäusern in Sicherheit zu bringen. Die Anspannung im Finanzsektor wurde schliesslich so gross, dass sich die US-Notenbank Fed einschaltete, um wieder Sicherheit herzustellen. Die SVB Bank wurde schliesslich unter staatliche Kontrolle gestellt.
US-Regierung, Fed und FDIC greifen ein
US-Finanzministerin Janet Yellen, Fed-Chef Jerome Powell sowie die US-Einlagensicherung FDIC gaben in einer gemeinsamen Stellungnahme bekannt, dass alle Einlagen der Silicon Valley Bank sicher und vollständig geschützt seien. Gleiches gelte für die ebenfalls in Schieflage geratene Signature Bank in New York, die ebenfalls von den Behörden geschlossen worden war. Mit dem gemeinsamen Statement versuchten die US-Regierung und Zentralbank dem aufkommenden Zweifel an der Sicherheit des Bankensystems entgegenzuwirken, um einen Bank-Run zu verhindern. Dennoch betonten die Vertreter, dass es sich bei dem Schutz der Einlagen nicht um eine Rettung der betroffenen Banken handele und der Steuerzahler keine Kosten tragen müsse.
Ken Griffin kritisiert Handeln von Fed & Co.
Dennoch sind nicht alle Finanzexperten von der Einlagen-Garantie durch die US-Regierung und Fed so begeistert. Einer, der das Eingreifen der Fed für falsch hält, ist Citadel-Gründer Ken Griffin, wie er vor Kurzem im Interview mit der Financial Times zu verstehen gab. Seiner Meinung nach, hätte die US-Regierung SVB-Einleger nicht schützen sollen, da dies gegen das US-amerikanische Verständnis vom Kapitalismus gehe: "Die USA sollen eine kapitalistische Wirtschaft sein, und diese zerbricht vor unseren Augen", und weiter "Es gab einen Verlust an finanzieller Disziplin, da die Regierung die Einleger vollständig gerettet hat." Damit spielt Griffin auf die Tatsache an, dass die US-Behörden versprochen haben, nicht nur die Einlagen bis zur Einlagensicherung von 250'000 US-Dollar zu garantieren, sondern auch die Gelder darüber hinaus. Schliesslich hiess es in dem Statement der Regierung, die Einlagen seien "vollständig" geschützt.
Auch mit den Regulatoren geht Griffin hart ins Gericht. Der Kollaps der Banken zeige, dass diese "per Definition am Steuer eingeschlafen" seien. Seiner Einschätzung nach hätten die Behörden nicht in dem Masse eingreifen müssen, wie sie es getan haben. Er begründete dies damit, dass sich die Banken generell in einer guten Verfassung befänden: "Wir haben Vollbeschäftigung, Kreditverluste waren minimal und die Bank-Bilanzen waren stärker als je zuvor. Das Problem des subjektiven Risikos hätte aus einer Position der Stärke heraus adressiert werden können."
Thema "Moral Hazard" im Fokus
Bei dem Thema "subjektives Risiko" oder Moral Harzard, wie es im Englischen genannt wird, geht es um die Frage inwieweit individuelle Anleger oder auch Unternehmen risikoreichere Entscheidungen treffen, wenn sie davon ausgehen können, dass sie im Falle einer Krise stets herausgehauen werden. Wenig überraschend kommt es zu dieser Debatte insbesondere in solchen Krisen-Szenarien, wo darüber entschieden werden muss, ob die Regierung ein Paket zur Rettung eines Unternehmens schnüren sollte oder nicht. Im Prinzip geht es darum, die Betroffenen dahingehend zu erziehen, dass sie die Folgen ihres (risikoreichen) Handels selbst tragen müssen und dadurch in Zukunft ein besseres Risiko-Management an den Tag legen.
Ken Griffins Meinung zu dem Thema ist klar. Seiner Meinung nach, hätte es sich bei der SVB-Pleite "um eine tolle Lektion in Sachen Moral Hazard" gehandelt, wie ihn die FT zitiert. "Verluste der Einleger wären belanglos gewesen und es hätte den Punkt deutlich herüber gebracht, dass Risiko-Management essentiell ist", so der Multimilliardär.
Auch andere Finanzexperten teilen Griffins Meinung, wie beispielsweise Muddy Waters Capital-Gründer Carson Block, der in Reaktion auf die SVB-Pleite ein Statement auf Twitter veröffentlichte: "Insbesondere von Unternehmenseinlegern sollte erwartet werden, dass sie ihre Kontrahentenrisiken managen. Die Rettung nicht versicherter Einleger bei der SVB, bei denen es sich hauptsächlich um Unternehmen handelt, infantilisiert die Märkte weiter, indem die Botschaft gesendet wird, dass ein solches Risikomanagement anachronistisch ist."
Bill Ackman plädiert für Anlegerschutz
Auf der anderen Seite haben die Massnahmen der US-Behörden auch prominente Unterstützung erhalten. So forderte beispielsweise Starinvestor Bill Ackman die US-Einlagensicherungsbehörde dazu auf, "explizit alle Einlagen zu garantieren". So erklärte er in einem längeren Beitrag auf Twitter, dass das Bankensystem in Zeiten von rasanter Informationsverbreitung durch soziale Medien und den Möglichkeiten im digitalen Zeitalter von Echtzeit-Überweisungen niemals vor einem Bank-Run geschützt sei, wenn sich Einleger durch eine Garantie der Behörden nicht darauf verlassen könnten, dass ihre Ersparnisse stets geschützt seien.
Und auch der ehemalige US-Finanzminister Larry Summers twitterte in Reaktion auf die SVB-Pleite: "Jetzt ist nicht die Zeit für Lektionen in Sachen Moral Hazard."
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Bankenkrise weiterhin entwickeln wird und ob noch andere Finanzhäuser abgewickelt werden müssen. Sollte sich die Krise auf andere Kreditanstalten ausdehnen, dürfte auch die Debatte um etwaige Rettungsaktionen durch die US-Regierung weiter angeheizt werden.
Redaktion finanzen.ch
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