Hype-Aktien |
04.07.2021 16:35:00
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Meme-Aktie ist nicht gleich Meme-Aktie - Hier unterscheiden sich GameStop, AMC und Co.
Die WallstreetBets-Bewegung hat die Märkte in diesem Jahr kräftig aufgemischt. Dass sich Kleinanleger zusammenschliessen, um bestimmte Aktientitel zu pushen, hat für kräftige Kursbewegungen gesorgt und eine neue Aktiengruppe hervorgebracht: die so genannten Meme-Aktien. Doch diese Titel haben möglicherweise weniger gemeinsam als auf den ersten Blick zu sehen - Anleger sollten Vorsicht walten lassen.
• GameStop & Co. teilen einige Gemeinsamkeiten
• Keine homogene Gruppe
Der eher inoffizielle Begriff der Meme-Aktien ist bislang nicht konkret definiert. Aktien, die in diese Gruppe einzuordnen sind, haben allerdings einige Gemeinsamkeiten.
Was Meme-Aktien gemeinsam haben
Sie haben insbesondere im Internet grosse Aufmerksamkeit erfahren und werden in diversen Kleinanlegergruppen etwa auf Reddit besprochen. Ihr Aktienkurs ist vergleichsweise niedrig, haben sie aber einmal die Aufmerksamkeit der Internetcommunity-Kleinanleger auf sich gezogen, steigt das Handelsvolumen sprunghaft an. Viele dieser Titel sind nach den massiven Kursanstiegen überbewertet.
Der Zyklus einer Meme-Aktie läuft dabei häufig ähnlich ab: Nachdem die Aktie erstmals ins Visier von Kleinanlegern geraten ist, die die Titel als unterbewertet einstufen, steigt der Aktienkurs an. Das steigende Handelsvolumen ruft weitere Käufer auf den Plan, die der Meme-Aktie einen zusätzlichen Schub verpassen. In der dritten Phase nehmen weitere Kleinanleger Notiz von dem zwischenzeitlich deutlichen Kursanstieg und pumpen zusätzliches Geld in die Aktie, was auch dem FOMO-Effekt zu schulden ist. Infolgedessen nehmen die ersten Anleger Gewinne mit, hier zeigen sich häufig deutlich volatile Tendenzen. Oft pendelt sich der Aktienkurs nach weiteren Gewinnmitnahmen bei einem neuen Basiskurs ein und kann von dort aus einen neuen Hype erleben.
Meme-Aktien sind nicht alle gleich
Anleger, die in der Hoffnung auf schnelle Kursgewinne nun eine Liste möglicher Meme-Aktien zusammenstellen, die für ein Investment in Frage kommen, sollten sich aber bewusst sein, dass Meme-Aktien - trotz einiger Gemeinsamkeiten - auch deutliche Unterschiede aufweisen. Nicht nur im Hinblick auf die Geschäftsaussichten gibt es teils gravierende Gegensätze. Das führt dazu, dass Anleger Meme-Aktien nicht als homogene Gruppe behandeln sollten, sondern einen gezielten Blick auf den jeweiligen Aktienwert, dessen Fundamentaldaten und das Geschäftsmodell werfen sollten. Denn Meme-Aktien sind nicht gleich Meme-Aktien.
Short-Interesse teils deutlich unterschiedlich
Bei GameStop hat es funktioniert, auch der US-Kinokettenbetreiber AMC fiel in diese Kategorie: Aktien, die insbesondere von Grossinvestoren wie Hegefonds stark geshortet wurden, haben eine teils deutliche Kursrally aufs Parkett gelegt. Der plötzliche Hype erwischte sogar professionelle Investoren auf dem falschen Fuss, einige Hedgefonds gerieten infolge der konzertierten Aktienkäufe von Privatanlegern in finanzielle Schieflage und sahen sich gezwungen, ihre Shortpositionen aufzulösen. Ein klassischer Shortsqueeze zwang sie dazu, sich mit Aktien der von ihnen geshorteten Unternehmen einzudecken, um grössere Verluste zu vermeiden. Das wiederum trieb die Kurse von GameStop & Co. deutlich an.
Doch das Shortinteresse von professionellen Anlegern allein ist kein Garant dafür, dass es sich um eine Meme-Aktie handelt. Denn es werden durchaus auch Anteilsscheine in diese Gruppe gezählt, bei denen das Shortinteresse auf überschaubarem Niveau liegt - Palantir Technologies und die Schnellrestaurantkette Wendy’s zum Beispiel. Factset sieht bei beiden Anteilsscheinen ein Shortinteresse von unter fünf Prozent - bei AMC ist unterdessen rund ein Viertel der Aktien leerverkauft. Ein Wert, an den der Elektroautobauer Tesla bei weitem nicht herankommt, dennoch ist das Volumen der Tesla-Shorts mit rund 30 Milliarden US-Dollar enorm hoch. Dies ist auf die grosse Marktkapitalisierung des Musk-Konzerns zurückzuführen.
Ein Blick auf das Shortinteresse allein reicht also nicht, um eine Aktie als klassische Meme-Aktie zu identifizieren.
Erwähnungen in sozialen Medien und Foren
Dass Meme-Aktien in Kleinanlegerforen wie etwa im Reddit-Unterforum r/WallStreetBets häufig besprochen werden, gilt ebenfalls als Kriterium zur Identifikation einer Aktie, die bald einen Kursausbruch erleben könnte. Auch hier lohnt es sich aber, genauer hinzuschauen: Wie Benzinga berichtet, gehörten in der vergangenen Woche etwa AMC und GameStop zu den Aktien, die am häufigsten in dem Forum Erwähnung fanden. Ebenfalls unter den am häufigsten besprochenen Aktien war aber auch Tesla zu finden - eine Aktie, die angesichts des hohen Aktienpreises und einer bereits jetzt hohen Marktkapitalisierung wohl nicht zu den klassischen Meme-Titeln gehört.
Andere Anteilsscheine, die in der vergangenen Woche deutlichere Kursausschläge gezeigt haben und zu den Meme-Titeln gezählt werden, wurden unterdessen weniger häufig besprochen.
Geschäftsentwicklung und -aussichten
Deutliche Unterschiede zwischen den Meme-Aktien finden sich im Bereich Geschäftsentwicklung. Häufig ist der niedrige Aktienkurs, der Kleinanleger erst dazu veranlasst, einen Anteilsschein ins Visier zu nehmen, die Folge einer schwachen operativen Entwicklung. Angesichts der Tatsache, dass sich Meme-Aktien schon allein wegen unterschiedlichster Geschäftsmodelle nicht unter einen Hut bringen lassen, reicht ein Blick auf die Umsatz- oder Gewinnentwicklung allein aber nicht aus.
Das zeigt ein Vergleich zweier typischer Meme-Aktien: Palantir und GameStop. In den letzten drei Jahren haben sich die Erlöse von Palantir von 595 Millionen US-Dollar auf 1,09 Milliarden US-Dollar verdoppelt. Die Erlöse von GameStop brachen aber im gleichen Zeitraum von 8,3 Milliarden US-Dollar auf 5,1 Milliarden US-Dollar massiv ein. Während Palantir sein Geschäft also ausbaute und den Umsatz steigern konnte, litt der Computerspielhändler GameStop unter einem sich zunehmend deutlich verschlechternden Geschäftsumfeld.
Auch bei einer der deutschen Meme-Aktien, windeln.de, zeigt sich mit Blick auf die letzten drei Jahre eine kontinuierlich rückläufige Umsatzentwicklung, die Erlöse sanken von 104,8 Millionen Euro in 2018 auf 76,1 Millionen Euro im Jahr 2020. Der Kinokettenbetreiber AMC unterdessen hat seinen Umsatz 2017 bis 2019 recht stabil halten können, musste aber dem Corona-Sondereffekt in 2020 Tribut zollen und einen Einbruch der Erlöse hinnehmen.
Und auch beim Blick auf die Geschäftsaussichten fällt der Vergleich von Meme-Aktien sehr durchwachsen aus. Während bei GameStop alles davon abhängt, dass das Unternehmen den digitalen Wandel schafft, ist der US-Datenspezialist Palantir bereits in einem der zukunftsträchtigsten Geschäftsbereiche aktiv: Big Data. AMC muss auf eine Erholung der Geschäfte nach den Corona-bedingten Lockdowns hoffen und hat zudem zunehmend mit Streaming-Konkurrenz zu kämpfen, während windeln.de möglicherweise mehr Impulse benötigt als eine Aufhebung der Zwei-Kind-Politik in China, um das Geschäft dauerhaft wieder anzukurbeln.
Meme-Aktien kämpfen also unter unterschiedlichsten Herausforderungen und an unterschiedlichsten Fronten um ihr Geschäft. Auch hier ist keine einheitliche Linie auszumachen, die Investoren einen deutlichen Hinweis gibt, bei welcher Meme-Aktie sich ein Einstieg lohnt.
Analystenbewertungen
Doch möglicherweise kann ein Blick auf die Einschätzung der jeweiligen Aktien durch Experten helfen, um eine Investmententscheidung zu treffen. Banken, Broker und Analysefirmen beschäftigen zahlreiche Experten, deren Aufgabe es ist, die Geschäftsaussichten eines Unternehmens und die Aussichten für die Aktienkursentwicklung unter die Lupe zu nehmen und entsprechend Anlegerempfehlungen herauszugeben.
Doch auch hier zeigt ein erster Blick schnell, dass Analysteneinschätzungen allein eine Aktie nicht zur Meme-Aktie machen. Palantir etwa bekommt am Markt eine durchschnittliche "Halten"-Empfehlung, bei GameStop überwiegen unterdessen die bearishen Stimmen. Ebenfalls "underweight" lautet die durchschnittliche Analystenempfehlung für AMC, während Wendy’s von der Mehrzahl der Analysten zum Kauf empfohlen wird.
Meme-Aktien sind nicht gleich Meme-Aktien
Die Gruppe der Meme-Aktien, die sich allesamt durch einige gemeinsame Merkmale auszeichnen, ist also keinesfalls als homogene Aktiengruppe zu sehen. Anleger, die wahllos bei Anteilsscheinen zugreifen, die vermeintlich einige der Kriterien für Meme-Titel erfüllen, übersehen dabei möglicherweise lohnenswertere Investments oder gehen ein unnötig grosses Risiko ein.
Ohnehin warnen viele Beobachter vor der Gefahr durch das Investieren in Meme-Aktien. Der Hype sei übertrieben, warnen Experten, die Kursaufschläge durch operative Geschäftszahlen nicht zu rechtfertigen. Und auch die US-Börsenaufsicht SEC hat kürzlich angesichts der starken Kursausschläge und der damit verbundenen Folgen für den Gesamtmarkt eine enge Überwachung von Meme-Aktien angekündigt. Insbesondere die Betrugsanfälligkeit ist den Börsenwächtern ein Dorn im Auge. Zudem liegt das Risiko, Geld zu verlieren, für Kleinanleger, die erst in der FOMO-Phase einer Aktie in den Markt einsteigen, deutlich höher - dann ist der Zeitpunkt für die frühen Investoren, Kasse zu machen, nämlich schon fast gekommen.
Meme-Anleger sollten sich des Risikos vor diesem Hintergrund deutlich bewusst sein und ihre Investments genau prüfen.
Redaktion finanzen.ch
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