Banken im Fokus |
09.05.2022 23:11:00
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Nach Skandalserie der Credit Suisse: So steht die zweitgrösste Schweizer Bank im Vergleich zum Branchensieger UBS da
Zahlreiche Abgänge, Skandale und verlustreiche Bilanzen: Die Credit Suisse kam in den letzten Monaten deutlich unter die Räder. Doch wie schlägt sich die Schweizer Bankengrösse im Vergleich zur grossen Schwester, der UBS?
• Schwacher Jahresbeginn
• Fusion mit der UBS als letzter Ausweg?
Skandal-Jahr 2021
Bei der Credit Suisse kehrt derzeit keine Ruhe ein. Nachdem die zweitgrösste Schweizer Bank in der Vergangenheit bereits mit deutlichen Verlusten zu kämpfen hatte und Korruptions- und Überwachungsskandale ebenfalls ein weniger schmeichelhaftes Licht auf das Zürcher Finanzinstitut warfen, folgte der Ex-Lloyds-Banker António Horta-Osório im April 2021 als Verwaltungsratspräsident auf Urs Rohner und sollte das Steuer herumreissen. An Skandalen mangelte es der Credit Suisse aber auch unter der kurzen Führungsepisode von Horta-Osório nicht. So missachtete der damalige CS-Chef zweimal die Corona-Quarantäne-Regeln. Darüber hinaus wurde das Kredithaus durch die Skandale um den insolventen Hedgefonds Archegos und die Finanzgesellschaft Greensill belastet. Zwar kündigte Horta-Osório hier ein hartes Durchgreifen an, die Corona-Verstösse wurden ihm dann aber zum Verhängnis und hatten zur Folge, dass der Banker seine Führungsposition im Januar 2022 nach achteinhalb Monaten abgeben musste. An seiner Stelle folgte der ehemalige UBS-Manager Axel Lehmann, der laut "Manager Magazin" von Ex-Kollegen aber als "[r]uhig, gewissenhaft, eher farblos" beschrieben wird und sich für eine Übergangsphase eigne - nicht aber für mehr.
Pechsträhne der CS scheint nicht abzureissen
Doch auch seit Lehmann die Position des Verwaltungsratspräsidenten übernahm, kann die Credit Suisse ihre unliebsame Vergangenheit nicht so einfach unter den Teppich kehren. Zuletzt wurden Berichte öffentlich, nach denen ein US-Pensionsfonds mehrere Manager des Geldhauses aufgrund des Archegos-Skandals verklagt hat. Und auch eine Klage wegen angeblicher Geschäfte mit Oligarchen steht der Credit Suisse in den USA ins Haus. Berichte um einen "Short Squeeze" sowie enttäuschende Quartalszahlen lassen CS-Aktionäre aktuell nicht zur Ruhe kommen.
Für positive Veränderungen sollen aber einige Neubesetzungen sorgen: Finanzchef David Mathers wird die Position, die er seit 2010 innehat, abgeben, sobald ein geeigneter Nachfolger gefunden wurde, wie die Credit Suisse im Rahmen der Bilanzvorlage verkündete. Auch Rechtschef Romeo Cerutti muss seinen Hut nehmen und wird bereits am 1. Juli durch Markus Diethelm ersetzt, der vormals Chefjurist bei der UBS war. Weiterhin wird Asien-Pazifik-Leiter Helman Sitohang durch Edwin Low ersetzt.
Doch warum jagt bei der zweitgrössten Schweizer Bank ein Skandal den nächsten, während die heimische Branchenführerin UBS von Negativschlagzeilen weitgehend verschont zu bleiben scheint? In diesem Kontext dürfte es sich lohnen, die beiden SMI-Schwergewichte gegenüberzustellen.
Credit Suisse setzt Verlustserie fort
p> Ein Blick auf die jüngsten Quartalsberichte beider Banken zeichnet bereits ein eindeutiges Bild. Bei der Credit Suisse wurde im ersten Jahresviertel 2022 ein Vorsteuerverlust von 428 Millionen Franken ausgewiesen, letztendlich kam man auf einen Reinverlust von 273 Millionen Franken. Damit führt die Bank ihre Verlustserie fort: Im gesamten Geschäftsjahr 2021 musste man einen Reinverlust von 1,6 Milliarden Franken einstecken. Auch im Vorjahresquartal wies das Kreditinstitut ein Minus von 252 Millionen Franken aus, das hauptsächlich auf den Archegos-Crash zurückzuführen war. Nun baute man die Verluste aber weiter aus. Für "bedeutende Rechtsstreitigkeiten" hat man im vergangenen Quartal ausserdem satte 703 Millionen Franken zurückgestellt.Auch beim Nettoertrag, der von Januar bis März 4,41 Milliarden Franken betrug, musste sich die Credit Suisse von ihrem Vorjahresniveau verabschieden. Nach 7,57 Milliarden Franken im ersten Quartal 2021 ging es nun um 42 Prozent nach unten.
Das verwaltete Vermögen belief sich per Ende März noch auf 1,55 Billionen Franken und ging von 1,61 Billionen Franken Ende 2021 ebenfalls etwas zurück.
UBS bleibt Gewinnen treu
Während die Credit Suisse laut "Handelszeitung" seit 2015 ein Geschäftsjahr vier Mal mit Verlusten beendete, konnte Konkurrentin UBS die Jahresbilanz seitdem immer mit positivem Vorzeichen abschliessen: Im Geschäftsjahr 2021 wurde ein Vorsteuergewinn von 9,48 Milliarden US-Dollar verbucht, letztendlich blieb noch ein Reingewinn von 7,46 Milliarden US-Dollar übrig. Im ersten Quartal 2022 lag der Reingewinn mit 2,14 Milliarden US-Dollar etwa 17 Prozent über dem Vorjahresquartal. Auch die Erträge und Aufwendungen lagen deutlich über dem Vorjahreszeitraum. Nachdem Ende 2021 noch ein verwaltetes Vermögen von 4,6 Billionen US-Dollar in den UBS-Tresoren schlummerte, war hier im ersten Quartal 2022 allerdings ein Rückgang auf 4,38 Billionen US-Dollar zu beobachten.
Auch die UBS ist nicht gänzlich skandalfrei
Mit der jüngsten Zahlenvorlage konnte die UBS die Erwartungen der Analysten schlagen und gleichzeitig den laufenden Rechtsstreit in Frankreich etwas in Vergessenheit geraten lassen. Wegen unerlaubter Geldgeschäfte und Beihilfe zu Geldwäsche wurde die Bank im Dezember 2021 in zweiter Instanz vom Berufungsgericht in Paris schuldig gesprochen. Laut Bilanz 2021 hat die UBS etwa 800 Millionen Euro an ein Sperrkonto gezahlt, zuvor bezahlte die Bank laut "finews.ch" bereits 1,1 Milliarden Euro als Kaution. Zuletzt ging die UBS erneut in Berufung.
Schwieriges "Übergangsjahr" für die Credit Suisse
Bei der Credit Suisse zeigte man sich im Hinblick auf die Zukunft zuletzt vorsichtig. "2022 ist ein Jahr des Übergangs und unser Fokus bleibt klar die disziplinierte Umsetzung der im November 2021 bekannt gegebenen neuen Gruppenstrategie: Stärkung unseres Kerngeschäfts, Vereinfachung unserer Organisation und Wachstumsinvestitionen", verkündete CEO Thomas Gottstein im Rahmen der Zahlenvorlage. "Ich bin überzeugt, dass wir gut positioniert sind, um eine stärkere und kundenorientiertere Bank aufzubauen, die das Risikomanagement in den Mittelpunkt stellt, um nachhaltiges Wachstum und nachhaltigen Mehrwert für unsere Investorinnen und Investoren, unsere Kundinnen und Kunden sowie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen." Die daraus entstehenden Vorteile seien aber grösstenteils erst ab 2023 ersichtlich.
Globale Herausforderungen dürften UBS weitgehend kalt lassen
Trotz der starken Quartalszahlen hält sich jedoch auch die UBS bedeckt. Zu gross seien die Unsicherheiten durch hohe Inflationsraten, den Krieg in der Ukraine und die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Dennoch sei das eigene Kreditportfolio durch die globalen Herausforderungen eher weniger bedroht. Es seien aber die indirekten Folgen des Kriegs, wie etwa hohe Energiepreise, die zu Lasten der eigenen Kunden gehen dürften.
Rückzug aus Russland-Geschäft
Ähnlich agieren beide Unternehmen anhand des Ukraine-Kriegs mit ihren Niederlassungen in Russland. Am Standort in Moskau, der nach Berichten der Nachrichtenagentur "AWP" 125 Mitarbeiter hat, laufen die Geschäfte weiterhin, jedoch habe die Sicherheit der Kollegen vor Ort oberste Priorität hiess es im März. In der Ukraine ist keine Niederlassung der Schweizer zu finden. Die russischen Tochtergesellschaften "Bank Credit Suisse (Moscow)" und "Credit Suisse Securities (Moscow)" halten ein Nettovermögen von 195 Millionen Franken. Ende März gab das Kredithaus aber bekannt, das Neukundengeschäft in Russland einzustellen. Bestehende Kooperationen sollen reduziert werden. Mittlerweile sollen sich die Mitarbeiter im bezahlten Urlaub befinden.
Die UBS hat ihr Länderrisiko in Russland von 0,6 Milliarden US-Dollar Ende 2021 auf 0,4 Milliarden US-Dollar Ende März reduziert. Auch die CS-Konkurrentin wolle keine neuen Geschäfte in Russland mehr abschliessen, weder mit Neukunden noch bestehenden Kontakten. Im Rahmen dessen zieht man ebenfalls Personal aus Russland ab. Laut finews.ch sollen dort etwa 50 Mitarbeiter tätig sein.
Bonus-Pool der Credit Suisse schrumpft zusammen
Unterschiede zwischen beiden Geldhäusern sollen laut Handelszeitung jedoch auch bei der Gesamtkompensation der Mitarbeiter auffallen. In der Vergangenheit habe die Credit Suisse ihr Personal noch mit Boni und weiteren Vorteilen locken können, mittlerweile habe die UBS hier aber die Führung übernommen. So war der Bonus-Pool bei der Credit Suisse im vergangenen Jahr 2 Milliarden Franken schwer, bei der UBS war er mit 3,5 Milliarden Franken aber deutlich grösser. In den USA soll die CS 2021 Extra-Boni gezahlt haben, um einige Talente vor dem Jobwechsel zu bewahren.
Nachdem die zweitplatzierte Schweizer Bank einigen ihrer Mitarbeiter bereits zuvor versprach, auch nach der Corona-Pandemie vollständig von zuhause aus arbeiten zu können, zog die UBS kürzlich nach und verspricht so ebenfalls die Freiheit über das Arbeiten im Homeoffice.
Aktienkurse der beiden Grossbanken voneinander entkoppelt
Unterschiede zwischen den beiden Branchengrössen fallen auch beim Chartbild der jeweiligen Aktien auf. Skandale und Bilanzverluste drückten die Stimmung der Credit Suisse-Anleger. Zwar werden die Fälle grösstenteils aufgearbeitet und auch mit personellen Konsequenzen bestraft, die Unsicherheiten über weitere Skandale und die Führungskompetenzen der Chefetage lassen Investoren aber zweifeln. Dementsprechend verlor die CS-Aktie seit Jahresbeginn bereits 25,07 Prozent auf zuletzt 6,65 Franken (Schlusskurs vom 6. Mai 2022)
Anders sieht es jedoch bei der UBS aus: Trotz dem Frankreich-Rücksetzer begeistert die Bank ihre Anleger mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und der Serie an Bilanzgewinnen. Zwar brach der Kurs des Papiers seit Jahresbeginn nicht stark nach oben aus, in Zeiten von hoher Inflation und dem Krieg in der Ukraine ist das Marktumfeld aber auch ein herausforderndes. Seit Anfang Januar gewann die UBS-Aktie 2,92 Prozent auf zuletzt 16,90 Franken (Schlusskurs vom 6. Mai 2022).
Die Entkoppelung der beiden Schweizer Bankgrössen zeigt sich auch an der Marktkapitalisierung: So war die Credit Suisse zuletzt noch 17,622 Milliarden Franken wert, die UBS kam auf eine Börsenwert von 62,57 Milliarden Franken.
Wie geht es für die Credit Suisse weiter?
Wie kann sich die Credit Suisse also aus der Negativspirale befreien? Während Gottstein der ins Straucheln geratenen Grossbank nach dem Konzernumbau eine rosige Zukunft ab 2023 prophezeit, sind andere weniger optimistisch. So demonstrierten laut finews.ch einige Kllimaaktivisten vor der letzten Hauptversammlung der Bank im April gegen das Geschäftsmodell der "Crisis Suisse", wie auf einem Banner zu lesen war. "Die Credit Suisse ist auf dem Weg der Titanic", hiess es in einer Mitteilung der Demonstranten. "Sie kracht in den Eisberg aus Gier, Klimakatastrophe und den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen." Auch Myriam Grosse, Pressesprecherin der Gruppe Collectif BreakFree, sieht für die Grossbank keine Zukunft, da "Ausbeutung und Wachstum" im Fokus der Banker stünden und dies nicht in eine "klimagerechte Welt" passe. Zwar stehe laut dem Online-Portal auch die Möglichkeit einer Fusion mit der UBS im Raum, diese bringe jedoch komplexe Herausforderungen mit sich. So habe UBS-Chef Ralph Hamers wohl daran erinnert, dass die Möglichkeit eines "nationalen Banken-Champions" gut überlegt sein wolle.
Redaktion finanzen.ch
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