Insolvenzverfahren |
18.04.2020 19:50:00
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Plötzlich Pleite: Was Gläubigern von Vapiano, Esprit und Co. jetzt bevorsteht
Mit Vapiano, Esprit, Maredo und Kaufhof-Karstadt hat die Corona-Pandemie ihre ersten Opfer inmitten der deutschen Innenstädte ausgemacht. Entsprechend müssen sich die Gläubiger dieser Konzerne nun auf einen langwierigen Prozess einstellen.
• Esprit flüchtet in Schutzschirmverfahren
• Gläubiger brauchen jetzt einen langen Atem
Eines haben Vapiano, Maredo, Esprit und Kaufhof-Karstadt gemeinsam: sie alle waren schon lange vor der Krise in der Krise. Die Corona-Pandemie und die darauf eingeleiteten Schutzmaßnahmen und Ausgangsbeschränkungen waren nun nur noch der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Denn kein solider Konzern wird sofort zahlungsunfähig, nachdem die Geschäfte nur wenige Tage geschlossen haben.
Ein Katalysator für das Versagen
"Zur aktuellen Zahlungsunfähigkeit hat in allererster Linie die Corona-Krise und die damit verbundenen Restaurantschließungen geführt", so ein Unternehmenssprecher von Vapiano gegenüber dem SPIEGEL. Tatsächlich war die Pandemie jedoch nur ein Katalysator für das Missmanagement des Unternehmens. Natürlich darf man dennoch nicht vergessen, dass der Konzern wegen der Schließung seiner Restaurants plötzlich keinen Umsatz mehr generieren konnte, während die Fixkosten weiter angefallen sind. Durch höhere Rücklagen oder weitere liquide Mittel hätte sich diese außergewöhnlich schnelle Pleite sicherlich dennoch vermeiden lassen.
Zu einer sehr ähnlichen Situation ist es auch beim Modekonzern Esprit gekommen. Um den Konzern schnellstmöglich vor weiteren Liquiditätsanforderungen zu bewahren, hat sich der Esprit-Chef Andreas Kristiansen unverzüglich in ein sogenanntes Schutzschirmverfahren geflüchtet. "Ich bin mir sehr sicher, dass dies der richtige Schritt für Esprit ist", so der Firmenchef in Bezug auf diese Entscheidung.
Die Aktien waren schon lange vor der Krise auf Tauchstation
Dass die operativen Geschäfte von Vapiano und Esprit schon lange vor der Corona-Krise nur noch sehr mäßig gelaufen sind, zeigt nicht zuletzt der Kursverlauf der jeweiligen Aktie. So stürzten die Anteilsscheine der Restaurantkette zwischen dem Börsengang im Juni 2017 und bis vor den Beginn des Corona-Crashs an den deutschen Börsen am 14. Februar 2020 von 23 Euro auf 3,61 Euro und generierten so schon ein Minus von rund 84 Prozent. Sehr ähnlich sieht auch der Kursverlauf der Esprit-Aktie aus. Während die Anteilsscheine im Jahr 2007 noch bei über 10 Euro notierten, waren es am 14. Februar 2020, vor dem Corona-Crash, nur noch 16 Cent und somit 94 Prozent weniger.
Was erwartet nun die Gläubiger?
Der Grundgedanke eines Insolvenzverfahrens ist in erster Linie die Befriedigung der Gläubiger eines Schuldners. Dies geschieht, indem das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet bzw. verkauft oder versteigert wird. Grundsätzlich unterliegt dabei das gesamte Vermögen der Gesellschaft dem Insolvenzbeschlag. Das Vermögen wird also erst von einem Insolvenzverwalter gesichert, verwertet und erst im Anschluss an die Gläubiger verteilt. Bis es jedoch soweit kommt, vergehen in der Regel mehrere Monate oder Jahre.
Zuerst werden die Verfahrenskosten sowie die Massenverbindlichkeiten bedient
Wie viel Geld die einzelnen Gläubiger aus der Insolvenzmasse zurückerhalten, hängt dabei von einer vom Gericht bewilligten Schlussverteilung, welche nach einem festgelegten Verteilungsverzeichnis abgearbeitet wird, ab. Diese gesetzliche Verteilungsreihenfolge sieht vor, dass zuerst alle Verfahrenskosten bzw. die entstandenen Gerichtskosten sowie die Gebühren der Insolvenzverwaltung bedient werden müssen. Im zweiten Rang der Forderungen werden dann die Massenverbindlichkeiten des Schuldners bedient. Zu derartigen Verbindlichkeiten zählen beispielsweise Kosten aus Miet- und Pachtverhältnissen aber auch Forderungen von Lieferanten.
Die Zuteilung erfolgt anhand einer festgelegten Quote
Sobald diese Massenverbindlichkeiten bedient sind, werden mit der verbleibenden Teilungsmasse die Insolvenzgläubiger bedient, die schon vor dem Verfahren einen Anspruch gegenüber der Gesellschaft hatten. Sofern noch genug Insolvenzmasse verfügbar ist, wird diese dann anhand einer festgelegten Quote auf Grundlage der Insolvenztabelle verteilt. Dabei werden die Besitzer von vorrangigen Unternehmensanleihen gegenüber den Investoren mit nachrangigen Krediten bevorzugt.
Besser Gläubiger als Aktionär?
Als Aktionär einer Gesellschaft ist man automatischer Miteigentümer eines Konzerns und somit streng genommen sogar ein Schuldner und kein Gläubiger. Trotz dieser Tatsache muss man als Aktionär glücklicherweise nicht für die Schulden eines Unternehmens einstehen. Doch während der Anteilseigner einer insolventen Firma einen Totalverlust erleidet und sein Investment fast komplett abschreiben muss, darf der Gläubiger darauf hoffen, dass ihm noch ein gewisser Teilbetrag aus der Insolvenzmasse zugesprochen wird. Da für die Dauer einer Firmeninsolvenz, im Gegensatz zu einer Privatinsolvenz, jedoch kein zeitlicher Rahmen festgelegt ist, benötigen die Gläubiger oft einen extrem langen Atem. Bei großen Firmeninsolvenzverfahren sind Zeiträume von fünf bis zehn Jahren nämlich eher die Regel als die Ausnahme.
Pierre Bonnet / Redaktion finanzen.ch
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