Riskante Strategie |
06.09.2020 14:48:00
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Schweizer Penny-Stocks: Hohe Chancen oder unkalkulierbare Risiken?
Klassische Penny-Stocks müssen nicht immer nur aus Australien oder Kanada kommen, auch der Schweizer Aktienmarkt bietet die ein oder andere Spekulationsmöglichkeit mit chancen- beziehungsweise risikoreichen Anteilsscheinen.
• Evolva - ein möglicher Turnaround-Kandidat
• Schmolz + Bickenbach - entpuppt sich als fallendes Messer
Unter einem klassischen Penny-Stock versteht man in der Regel eine Aktie, deren Wert unter der Marke von einem Franken notiert. Zwar gibt der Kurs einer Aktie noch lange keine Auskunft über die Bewertung des Unternehmens, dennoch gelten Anteilscheine mit einem Preis von unter 100 Rappen als hoch spekulativ. Denn schon wenn ein Penny-Stock lediglich um 20 Rappen von 0,8 Franken auf 0,6 Franken fällt, verliert der Investor schon ein Viertel seiner Anlagesumme. Konträr dazu bieten solche Papiere jedoch auch erhebliche Chancen, da sie sich innerhalb kürzester Zeit vervielfachen können.
Zwei erfolgreiche Schweizer Penny-Stocks
Investoren, die auf der Suche nach Penny-Stock sind, müssen dafür jedoch nicht an die australische, chinesische oder kanadische Börse, sondern werden auch in der Schweiz fündig. Denn selbst der Swiss-Performance-Index (SPI) beheimatet einige Penny-Stocks. Die zwei wohl erfolgreichsten unter ihnen sind Perfect Holding und Relief Therapeutics.
Die in der Schweiz beheimatete Perfect Holding konzentriert sich auf die Verwaltung, den Erwerb und die Beteiligung an kleineren Unternehmen, die im Bereich des Flugzeugmanagements und weiterer Dienstleistungen in diesem Sektor aktiv sind. Mit einem Aktienkurs in Höhe von 0,11 Franken bringt es der Konzern gegenwärtig auf eine Marktkapitalisierung von rund 20 Millionen Franken. Im Vergleich dazu lag der Börsenwert im Mai dieses Jahres noch bei ca. 2,6 Millionen Franken. Dementsprechend kletterten die Anteilsscheine in den vergangen drei Monaten um gut 675 Prozent.
Eine noch extremere Kursexplosion konnten daneben die Anteilsscheine des Biotech-Konzerns Relief Therapeutics bieten. Die Papiere kletterten von rund drei Rappen im Juli auf aktuell fast 60 Rappen und generierten damit innerhalb weniger Wochen ein Kursplus von 1'900 Prozent. Auf die Sicht von einem Jahr konnten die Aktien sogar mehr als 41'000 Prozent zulegen, da die Papiere zu Jahresbeginn so gut wie wertlos waren.
Risikofreudige Spekulanten hätten im Januar bei einem Kurs von 0,001 Franken je Aktie also für 100 Franken rund 100'000 Relief-Anteilsscheine erwerben können, welche nun fast 60'000 Franken wert wären.
Zu den Schweizer Penny-Stocks aus dem SPI gehören neben den beiden sehr erfolgreichen Unternehmen Perfect und Relief auch noch weitere bekannte Titel, die in den zurücklegenden Monaten jedoch nicht gerade für Begeisterung gesorgt haben.
Meyer Burger - erst Top, dann Flop
Einer der wohl größten Investment-Flops in diesem Zusammenhang ist die Aktie des Solarzulieferers Meyer Burger. Während das Papier im Jahr 2011, inmitten des Solarbooms, noch rund 10 Franken kostete, pendeln die Anteilsscheine nun nur noch bei rund 20 Rappen.
Anleger, die zum Höhepunkt des Sonnenenergie-Hypes in die Aktie investiert haben, sitzen somit nun auf Buchverlusten von rund 98 Prozent. Auch wenn die langfristigen Aussichten für erneuerbare Energiequellen sehr gut sind, ist es durchaus fraglich, ob die Meyer Burger-Aktie in absehbarer Zeit wieder die Marke von einem Franken überspringen kann.
Evolva - alles andere als zuckersüss
Der biopharmazeutische Konzern Evolva aus Reinach konzentriert sich auf die Entwicklung und Produktion von diversen Inhaltsstoffen für Nahrungsmittel. Eines der Hauptprodukte des Konzerns ist dabei ein kalorienfreier Zuckerersatz namens EverSweet.
Zwar ist der weltweite Markt für ein derartiges Süssungsmittel riesig, dennoch ist dem Konzern die Marktdurchdringung noch nicht wirklich gelungen. Dementsprechend ungezuckert zeigt sich auch die Kursentwicklung der Aktie. Während das Papier im Jahr 2007 noch knapp 30 Franken kostete, notieren die Papiere gegenwärtig nur noch bei rund 25 Rappen.
Der langfristige Negativtrend der Aktie darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch das Evolva-Papier kurzfristige Chancen bietet. So kletterte der Penny-Stock zwischen März 2020 und August 2020 von 15 Rappen auf rund 25 Rappen und generierte somit eine Performance von gut 66 Prozent.
Schmolz + Bickenbach - mit geringer Zukunftsperspektive
Auch die Aktionäre des ehemaligen Swiss Steel Konzerns Schmolz + Bickenbach hatten in den vergangenen Jahren nur wenig Freude mit ihren Anteilsscheinen. Denn die Aktien des Luzerner Stahlkonzerns sind zwischen 2007 und 2020 von mehr als 13 Franken auf rund 0,16 Franken eingebrochen und haben somit gut 99 Prozent ihres Wertes verloren.
Ob die Aktie des Schweizer Stahlkochers auf diesem Niveau ein Schnäppchen ist, darf jedoch bezweifelt werden, da die gesamte Branche derzeit sehr hohen Belastungsfaktoren ausgesetzt ist.
Vorsicht bei Penny-Stock-Investments
Das Beispiel von Relief Therapeutics zeigt zwar eindeutig, dass man mit Penny-Stocks ausserordentlich hohe Renditen erzielen kann, ein solcher Fall bleibt jedoch eher die Ausnahme. Denn in einem effizienten Marktumfeld gehen mit einem geringen Aktienkurs natürlich auch schlechte Unternehmensnachrichten einher. Anleger sollten sich aus diesem Grund nicht von vermeintlich günstigen Aktien zu einem Investment verleiten lassen, solange es keinen vernünftigen Grund für eine schnelle Erholunsrally gibt.
"Die niedrigen Kurse von Penny-Stocks werden für manche Anleger zur psychologischen Falle", so Philipp Jäggle vom Beratungsunternehmen Corefinanz gegenüber der "Neuen Zürcher Zeitung". Jäggle verweist dabei auf optisch günstige Aktien, deren Kurs aufgrund des Geschäftsverlaufs meistens jedoch gerechtfertigt ist. Denn gerade bei Penny-Stocks handelt es sich sehr oft um einstige Börsenstars, die ihr Geschäftsmodell nicht langfristig etablieren konnten, unrechtmässig gearbeitet haben oder nur eine gewisse Zeit im Fokus der Anleger standen.
Ein aktuelles Beispiel für solch einen Fall ist das Skandal-Unternehmen Wirecard aus Deutschland. Während die Aktie im April noch weit über 100 Euro kostete, notiert sie jetzt nur bei gut 60 Cent. Selbst vermeintliche Schnäppchenjäger, welche die Aktie vor wenigen Tagen noch bei einem Euro gekauft haben, opferten innerhalb kürzester Zeit rund 40 Prozent ihres Investments.
Privatanleger sollten sich daher immer vor Augen halten, dass selbst eine Aktie, die nur noch wenige Rappen kostet, nach wie vor ein Verlustpotenzial von 100 Prozent mit sich bringt.
Penny-Stocks eignen sich nur für risikofreudige Spekulanten
"Als Anlage, als echte Investition haben solche Titel bei einem Privatkunden nichts zu suchen", so die Einschätzung von Thomas Heller, dem Anlagechef der Schwyzer Kantonalbank, in einem "NZZ"-Interview. Darüber hinaus verglich Heller den Kauf eines Penny-Stocks mit dem Spiel am Roulette-Tisch. "Roulette macht Spass, das Zocken an der Börse auch. Nur ist das eben nicht Anlegen bzw. Investieren", so der Experte weiter.
Auch wenn Penny-Stocks für die eigene Altersvorsoge alles andere als gut geeignet sind, spricht für den vermögenden Anleger in der Regel nichts gegen das ein oder andere spekulative Engagement an der Börse. Investoren, die gut mit einem Totalverlust umgehen können und die Grundregeln der Diversifikation beachten, können ihr Glück also auch mit Penny-Stocks versuchen.
Pierre Bonnet / finanzen.ch
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