Interview |
17.01.2024 22:38:00
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Vontobel-Präsident Andreas Utermann stellt sich kritischen Fragen: "Vontobel hat kein spezifisches Problem" - trotz schwachem 2023
In einem Interview stellt sich der Vontobel-Verwaltungsratspräsident einigen kritischen Fragen zur Entwicklung von Vontobel. Dabei erklärt er, dass Vontobel trotz eines schwachen 2023 kein spezifisches Problem hätte.
• Neue Doppelspitze erntet Kritik
• Andreas Utermann: "Vontobel hat kein spezifisches Problem"
Schwaches 2023
Die Performance von Vontobel war im Jahr 2023 schwach. Vor einigen Jahren erst entschied sich das Schweizer Unternehmen für eine entscheidende Veränderung und eine Neukonzipierung des Geschäfts: Aus einer reinen Bank solle ein Investmenthaus werden. Ist die Lage am Markt schwierig, hat das Unternehmen jedoch unter der Zurückhaltung der Investoren oder unter der Bevorzugung von passiven Strategien zu leiden. Im Jahr 2022 setzte die Phase des Börsentrübsals ein und blieb auch im Folgejahr bestehen, wie durch enttäuschende Quartalszahlen von Vontobel deutlich wurde. In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 verzeichnete Vontobel einen Geldabfluss von institutionellen Investoren in Höhe von 5,4 Milliarden Franken. Das Unternehmen gab anlässlich der Präsentation der Zahlen bekannt: "Im Bereich Asset Management durchlaufen wir, wie viele andere in der Branche, eine anhaltend schwierige Phase."
Neue Doppelspitze in der Kritik
Anfang Oktober 2023 hat der Verwaltungsrat die Nachfolge für Zeno Staub beschlossen, der den Vontobel-Verwaltungsrat bereits im Mai 2023 nach rund 12 Jahren als Konzernchef bat, sein Mandat spätestens zur kommenden Generalversammlung am 9. April 2024 niederlegen zu dürfen. Bei seiner Nachfolge setzt das Unternehmen nun auf eine Doppelspitze: Head Investments Christel Rendu de Lint und Head Wealth Management Georg Schubiger lösen Staub zum 1. Januar 2024 als Co-CEOs ab und leiten zusätzlich zu ihrer neuen Rolle weiter die Bereiche Investments bzw. Wealth Management.
Für diese Entscheidung sieht sich Vontobel seither mit Kritik konfrontiert. So sei beispielsweise die Aufteilung von Verantwortlichkeiten laut eines ZKB-Analysten nicht optimal, wie die Nachrichtenaguter awp schreibt. "Wenn in Gesellschaften Co-CEOs tätig sind, führt eine solche Konstellation oft zu unnötigen Reibungsverlusten und längeren Entscheidungswegen", heisst es. Vontobel-Verwaltungsratspräsident Andreas Utermann weist die Kritik jedoch als unberechtigt zurück. Man habe sowohl externe Einzelkandidaten wie auch externe wie interne Doppellösungen geprüft. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Doppelspitze die beste Lösung sei.
Utermann stellt sich kritischen Fragen
In einem Interview mit der NZZ stellte sich Utermann zuletzt Mitte Dezember einigen kritischen Fragen. So wurde er darauf angesprochen, dass die Vontobel-Aktie im Jahr 2023 zu den Verlierern gehöre, der Bonitätsausblick trüb sei und verdiente Kräfte die Bank verlassen würden. Die Aussage, Vontobel hätte ein Problem, wies er jedoch zurück. "Nein, Vontobel hat kein spezifisches Problem. Allgemein sind Bankaktien vielleicht im Jahresschnitt gut gelaufen. Das Jahr war jedoch mit dem Untergang der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse sehr volatil. Erst in den letzten vier Wochen haben Bankaktien zugelegt. Die Vontobel-Aktien haben in den letzten Jahren sehr stark performt. Unser Asset Management ist bis 2021 sehr stark gelaufen, weswegen wir im Vergleich zur Konkurrenz hoch bewertet wurden. In dem Sinne hat eine Neubewertung der Aktie stattgefunden. Doch alle Geschäftsfelder laufen weiterhin gut. Wir hätten vielleicht mit Blick auf das Asset Management offensiver kommunizieren sollen. Vontobel arbeitet derzeit nicht schlechter als der Schnitt der aktiven Asset-Manager, vielleicht sogar besser", erklärt Utermann.
Ein wichtiges Thema für eine wieder bessere Entwicklung sei der Risikoappetit der Investoren. Durch eine bevorstehende Zinswende dürfte dieser jedoch in den nächsten drei bis sechs Monaten wieder zunehmen, wie Utermann in dem Interview weiter erklärt. Ausserdem gebe es Anzeichen dafür, dass die Leute wieder verstärkt in Obligationen investieren würden. In diesem Bereich sei Vontobel gut aufgestellt. Auch eine Änderung der Strategie komme laut Utermann nicht infrage. Ob der Markt spezialisierte oder diversifizierte Anbieter bevorzugt, wechsle wiederholt. Noch vor wenigen Jahren hätte man den Meinungen von Experten nach das Wealth Management verkaufen sollen. Man wolle man sich weiterhin auf das Asset Management sowie die Vermögensverwaltung konzentrieren: "wir fahren sehr gut mit dieser Strategie", so Utermann.
Auch die Kritik über die neue Doppelspitze und die Frage, ob er die Macht der Chefs geteilt habe, um als Präsident durchregieren zu können weist der Vontobel-Verwaltungsratspräsident in dem Interview zurück. "Wir sind überzeugt, dass Vontobel für die nächsten zehn Jahre die richtige Strategie hat. Das möchten wir dem Markt und der Belegschaft durch eine interne Besetzung signalisieren. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es Christel Rendu de Lint und Georg Schubiger mit jedem externen Kandidaten aufnehmen können." Auf die Frage, warum man sich jedoch konkret für eine Doppelspitze entschieden habe, erklärte Utermann: "Mein Vorgänger Herbert Scheidt und der Bankchef Zeno Staub trafen Ende 2019 die Entscheidung, die alte Holdingstruktur zu beenden. Sie betonten die wesentliche Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Geschäftsfeldern. Dieses Signal verstärken wir nun mit der Einführung einer Doppelspitze. In meiner beruflichen Laufbahn hatte ich bereits zweimal die Gelegenheit, in einer Doppelspitze zu agieren. […] Trotz kritischer Presseberichterstattung erhielt ich aus der Schweiz zahlreiche positive Rückmeldungen zu diesem Thema, sowohl von Kunden als auch intern." Ausserdem hätten die beiden Nachfolger bereits festgelegt, wie sie das Unternehmen gemeinsam führen und wie auch ihre Entlastung am besten aussähe.
Dabei kommt auch die Frage nach Utermanns Rolle auf. Bei der Entscheidung, ob Vontobel zum Beispiel im Asset Management oder im Wealth Management sparen müsse, würden beide Chefs für ihre Teams einstehen. Müsse Utermann nun diese Schiedsrichterfunktion übernehmen? "Unser Budgetprozess wird vom Finanzchef Thomas Heinzl geleitet. Die gesamte Geschäftsleitung trifft sich und entscheidet gemeinsam, welche Projekte Vontobel priorisiert", erklärt er. "Für den Präsidenten und den Verwaltungsrat gibt es keinen Handlungsbedarf, ausser jenen, darauf zu achten, dass das Budget den Kostenvorgaben entspricht." Ein exekutiver Präsident werde er also auch in Zukunft nicht sein. In den vergangenen 18 Monaten war er zwar stark involviert, da er die Nachfolge von Staub organisiert habe. Dies sei inzwischen jedoch bewältigt. "Meine Aufgaben sind klar definiert, sowohl durch das Organisationsreglement als auch durch die Gegebenheiten in der Schweiz. Bei Vontobel pflegen einige Verwaltungsratsmitglieder, einschliesslich meiner Person, regelmässigen Kundenkontakt. Dies wird von den Kunden geschätzt und ist auch bei anderen Unternehmen ähnlich. Darüber hinaus bin ich in keiner Weise operativ tätig und habe auch nicht vor, dies zu tun."
Redaktion finanzen.ch
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