Bilanzskandal |
22.06.2021 17:43:00
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Wirecard-Aktie: Union sieht politische Verantwortung für Fall Wirecard bei Scholz
Die Union hat im Wirecard-Skandal schwere Vorwürfe an die Adresse von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gerichtet und eine Entschuldigung für Versäumnisse eingefordert.
Der Ausschuss-Vizevorsitzende Hans Michelbach (CSU) betonte, dass in dem Abschlussbericht die politische Verantwortung ausgespart werde, sei "bedauerliches Ergebnis unserer Koalition". Scholz solle von der SPD als Kanzlerkandidat weissgewaschen werden. Der Finanzminister habe in dem Ausschuss aber das komplette Gegenteil der angekündigten rückhaltlosen Offenlegung an den Tag gelegt.
Michelbach nannte Scholz' Aussagen zum umstrittenen Leerverkaufsverbot der Finanzaufsicht Bafin für Wirecard-Aktien "wenig glaubwürdig". Er behaupte, erst aus der Presse davon erfahren zu haben, seine Büroleitung sei aber bereits drei Tage vor dem Erlass informiert worden. "Herr Scholz sagt hier nach meiner Ansicht nicht die Wahrheit", sagte Michelbach.
Union sieht keine Wahlkampfmotive
Eine konkrete Rücktrittsaufforderung an die Adresse des Finanzministers wollten die Unions-Abgeordneten aber auf Nachfrage nicht erheben. Sie wiesen auch Mutmassungen zurück, es handele sich bei ihren Vorwürfen nur um Wahlkampfmanöver. "Es muss auch möglich sein, politische Verantwortung zu benennen, ohne dass einem direkt Wahlkampfmotive unterstellt werden", sagte Hauer.
Der Untersuchungsausschuss hatte ein Jahr nach Bekanntwerden des Skandals am Morgen seinen Abschlussbericht an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) übergeben. Die Oppositionsfraktionen von FDP, Linker und Grüner haben in einem Sondervotum ebenfalls ein "kollektives Aufsichtsversagen" festgestellt und ebenfalls Scholz die politische Verantwortung zugewiesen. Die AfD-Fraktion, deren Finanzexperte Kay Gottschalk den Ausschuss leitete, forderte Scholz' Rücktritt.
Der Untersuchungsausschuss sollte die Rolle von Politik und Aufsichtsbehörden in dem Skandal untersuchen. Scholz hatte bei seiner Anhörung in dem Ausschuss Ende April den gegen ihn gerichteten Vorwurf eigener Verantwortung aber zurückgewiesen. "Die Verantwortung für diesen gross angelegten kriminellen Betrug trägt nicht die Bundesregierung", hatte er erklärt. Bei dem damaligen DAX-Unternehmen Wirecard waren im Juni 2020 Luftbuchungen von fast 2 Milliarden Euro öffentlich geworden, es befindet sich mittlerweile in einem Insolvenzverfahren. Ex-CEO Markus Braun sitzt inzwischen in Haft, Ex-Vorstandsmitglied Jan Marsalek ist flüchtig.
Ex-Wirecard-Prüfer will Veröffentlichung von Bericht verhindern
Ein ehemaliger Bilanzprüfer des Wirecard -Konzerns will juristisch verhindern, dass der Abschlussbericht des Bundestags-Untersuchungsausschusses wie geplant veröffentlicht wird. Das Verwaltungsgericht Berlin teilte am Dienstag auf Anfrage mit, dass ein entsprechender Eilantrag auf Erlass einer Unterlassung eingegangen sei. Das Gericht wolle noch im Laufe des Tages über den Antrag entscheiden, der Bundestag habe zuvor eine kurze Frist zur Stellungnahme, sagte ein Gerichtssprecher. Der Abschlussbericht sollte am Dienstag veröffentlicht werden.
In dem Antrag, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, macht der Münchner Anwalt des Ex-Prüfers Persönlichkeitsrechte seines Mandanten geltend. Dieser sei "keine Person der Zeitgeschichte, er steht nicht in der Öffentlichkeit". Gegen ihn bestehe im Fall Wirecard seit über einem Jahr nicht mehr als ein Anfangsverdacht. Deshalb dürften Passagen mit der Namensnennung des Mandanten im Abschlussbericht des Ausschusses nicht veröffentlicht werden.
Zuvor hatte das "Handelsblatt" über den Antrag berichtet. Der Anwalt war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Ex-Prüfer war als Zeuge im Untersuchungsausschuss geladen, verweigerte aber die Aussage.
Der stellvertretende Vorsitzende im Untersuchungsausschuss, Hans Michelbach, (CSU), sagte, der Ex-Bilanzprüfer wolle die Nennung seines Namens im Abschlussbericht verhindern. Es sei aber nach Artikel 44 Grundgesetz gar nicht möglich, dass ein Verwaltungsgericht so Einfluss auf einen Untersuchungsausschuss nehme. In Artikel 44 heisst es in Absatz 4: "Die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse sind der richterlichen Erörterung entzogen. In der Würdigung und Beurteilung des der Untersuchung zugrundeliegenden Sachverhaltes sind die Gerichte frei.
Bilanz zum Wirecard-Ausschuss: Wahlkampfgetöse oder echte Empörung?
Der Abschlussbericht des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum Wirecard-Finanzskandal kann wie geplant noch am Dienstag veröffentlicht werden. Das Verwaltungsgericht Berlin hat den Eilantrag eines ehemaligen Bilanzprüfers des Wirecard-Konzerns abgelehnt, die Veröffentlichung von Passagen mit Nennung seines Namens zu untersagen. Wie ein Gerichtssprecher am Dienstag sagte, ist die Angelegenheit "nicht justiziabel". Artikel 44, Absatz 4 des Grundgesetzes sehe ausdrücklich vor, dass Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse der richterlichen Erörterung entzogen seien.
Der Deutsche Bundestag beziehungsweise seine Untersuchungsausschüsse sollten unabhängig von Regierung, Behörden und Gerichten Sachverhalte prüfen und bewerten können. Deshalb seien sowohl der Inhalt des Abschlussberichts als auch dessen Veröffentlichung der richterlichen Erörterung entzogen, argumentierte das Verwaltungsgericht. Gegen den Beschluss sei bereits Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt worden.
In dem Antrag hatte der Anwalt des Ex-Bilanzprüfers Persönlichkeitsrechte seines Mandanten geltend gemacht. Dieser sei "keine Person der Zeitgeschichte, er steht nicht in der Öffentlichkeit". Gegen ihn bestehe im Fall Wirecard seit über einem Jahr nicht mehr als ein Anfangsverdacht./brd/DP/fba
BERLIN (Dow Jones / awp)
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