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Expertenkolumne 10.01.2024 10:50:00

Survival of the smartest: Nachhaltigkeit als evolutionärer Vorteil für die Altersvorsorge

Survival of the smartest: Nachhaltigkeit als evolutionärer Vorteil für die Altersvorsorge

Immer neue Standards, komplexe Zertifizierungen und mehr oder minder klare Auflagen der Gesetzgeber: Das Zukunftsthema Nachhaltigkeit wird für Vermittler und Kunden häufig zu einem bürokratischen Labyrinth.

Für den Erfolg von grünen Investments, Klimaschutz und Co. benötigen wir einen neuen, smarten und unkomplizierten Umgang mit ihnen - wir müssen Vermittler dafür befähigen und bestärken, nicht zusätzlich regulieren.

Warum sich Nachhaltigkeit vom Investment-Risiko zur Chance wandeln dürfte

Wer heute ein langfristiges Vorsorgeprodukt abschliesst oder es an Kunden vermittelt, sieht sich unweigerlich mit der Frage konfrontiert, wie er oder sie Renditechancen und Nachhaltigkeitsprinzipien ausbalanciert. Vermittler und Kunden stehen vor einem Dilemma: Nachhaltige Aktien, Fonds und andere Assets haben heute zum Teil noch nicht die Renditezugkraft, die Anlageformen ohne Investment-Einschränkungen erwirtschaften können. Das hat einen Grund: In der klassischen Finanztheorie ist ein Investment, das nicht nur nach ökonomischen Wachstumsaussichten ausgerichtet wird, zunächst einmal ein externes Renditerisiko. Wer ausschliesslich in nachhaltige Anlagen investiert, reduziert seine Möglichkeiten zur Diversifizierung. Kurzfristig betrachtet steigen also die Unsicherheiten im Portfolio. Und trotzdem dürfte sich dieses Risiko langfristig zu einer Chance entwickeln:

Vorsorgeprodukte haben naturgemäss einen sehr langen Anlagehorizont. Eine wirklich zukunftweisende Anlagestrategie muss deshalb zwei wesentliche Kriterien erfüllen: Sie muss Rendite und Sicherheit von heute bis Auszahlung kalkulieren und erwartbare Trends und Veränderungen integrieren. Und sie muss Möglichkeiten bieten, auf veränderte ökologische, klimatechnische und regulatorische Rahmenbedingungen zu reagieren und das Portfolio entsprechend anzupassen.

Die Welt in 30 Jahren - Nachhaltigkeit als Sicherheitsanker für langfristige Investments

In 30 Jahren - dem idealen Anlagehorizont für Vorsorgeprodukte - zeichnen sich zwei mögliche Basisszenarien in Fragen des Klimaschutzes und aller damit verbundenen Herausforderungen ab: Im positiven Basisszenario schaffen wir es, mithilfe neuer Technologien und Transformationen unserer nicht-nachhaltigen Branchen und gesellschaftlichen Bereiche die Grundlagen unserer Existenz und unseres Planeten zu sichern. Ein frühzeitiges, wachsendes Investment in diese Branchen wäre in diesem Fall die richtige Entscheidung. Im negativen Basisszenario sind wir in 30 Jahren an dieser Aufgabe gescheitert und müssen extreme Massnahmen ergreifen, um kritische Entwicklungen bei Klima, Welternährung, Ansteigen des Meeresspiegels zu stoppen oder zumindest abzufedern. In diesem Fall werden die weiter steigenden Kosten der Externalitäten auf diese Industrien abgewälzt und diese dadurch renditeschwächer. Die Konsequenz ist für langfristig denkende Anleger in jedem Szenario ähnlich: Wir können davon ausgehen, dass nachhaltige Investments durch Vernunft, regulatorische Massnahmen, ökologische Zwänge oder eine Mischung aus allem in jedem Fall in den kommenden Jahren renditestärker werden als nicht-nachhaltige Investments, weil sich der weltpolitische Rahmen so oder so verändern wird. Die scheinbare Renditestärke nicht-nachhaltiger Anlagen dürfte sich als Momentaufnahme entpuppen, die den langfristigen Entwicklungen nicht standhält. Für eine langfristige Anlagestrategie im Rahmen der Altersvorsorge ist der Trend in Richtung Nachhaltigkeit also eine der wenigen wirklichen Sicherheitsfaktoren. Wer heute nachhaltige Anlagen zu wenig berücksichtigt, spekuliert gegen die absehbaren Veränderungen der kommenden Jahre. Das Entscheidungsdilemma zwischen Rendite und Nachhaltigkeit wird es für langfristige Anlagen in Zukunft nicht mehr geben. Es wird abgelöst durch einen evolutionären Prozess in Richtung Nachhaltigkeit, Klimaschutz etc. - und schafft neue Rollen und Gestaltungsräume für Berater und Vermittler:

Der Vermittler als Nachhaltigkeitsnavigator

Kunden, die heute in Altersvorsorge investieren, stellt sich in der langfristigen Perspektive nicht mehr die Frage, ob sich Nachhaltigkeitskriterien auszahlen, sondern wann, weil das scheinbare Investment-Risiko grüner Anlagen langfristig zu einem neuen Sicherheitsanker und zu einer wachsenden Renditequelle werden dürfte. Vorsorgeprodukte müssen die Transformationsprozesse der Gesellschaft an den Finanzmärkten in Richtung einer nachhaltigen Zukunft begleiten und anpassen können. Eine möglichst optimale Diversifizierung von aktuellen und zukünftigen Chancen und Risiken heisst für Kunden: Ein finanztechnisch ausgewogenes Portfolio, das sukzessive immer weiter in Richtung Nachhaltigkeit entwickelt werden kann. Diese Herausforderung ist eine Zukunftschance für Vermittler: Sie müssen ihren Kunden statt Standardprodukten mit fixen Nachhaltigkeitsanteilen viel mehr Optionen für diese evolutionäre Weiterentwicklung bieten und die Umgestaltung begleiten und navigieren: Wachstum und Rendite nach den klassischen Investment-Kriterien und langfristige Anpassung des Anlageportfolios für die Megatrends der nachhaltigen Transformation. Dafür benötigen sie eine Art digitales Navigationssystem, das ihnen ermöglicht Vorsorge und Nachhaltigkeit im Portfolio im Gleichklang mit der allgemeinen grünen Transformation kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Autor: Dr. Aron Veress, CEO Liechtenstein Life Assurance AG

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