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Ukraine-Krieg im Fokus 30.03.2022 21:37:00

Turbulenzen an den Aktienmärkten: Was Anleger aus geopolitische Krisen lernen können

Turbulenzen an den Aktienmärkten: Was Anleger aus geopolitische Krisen lernen können

Der Angriff Russlands auf die Ukraine sorgte für Turbulenzen an den Börsen weltweit: Die Aktienmärkte brachen ein, die Ölpreise schossen in die Höhe. Ein Experte weiss, dass man aus geopolitischen Krisen jedoch auch Erkenntnisse erlangen kann und empfiehlt Anlegern, stets drei zeitlose Lehren zu beherzigen.

• Russlands Angriff auf die Ukraine sorgt für grosse Unsicherheit an den Märkten
• Anleger können aus geopolitischen Krisen Erkenntnisse erlangen
• Experte: Anleger sollten drei Lektionen beherzigen

Nach dem Einmarsch des russischen Präsidenten Putin in die Ukraine am 24. Februar sprach Bundeskanzler Olaf Scholz von einer Zeitenwende. Die Ordnung, die nach dem Kalten Krieg auf Frieden und die Förderung von Handelsbeziehungen ausgerichtet war, endete und auch an den Kapitalmärkten sorgten die geopolitischen Risiken durch den Angriffskrieg für grosse Unsicherheit und starke Verwerfungen. Donald Calcagni, Chief Investment Officer bei Mercer Advisors, hat drei Lektionen für Anleger, die diese in Zeiten von geopolitischen Krisen beherzigen sollten.

Hoffnung auf schnelle Gewinne beiseitelegen

Calcagni erklärt in einem Beitrag bei Advisor Perspectives, dass die Märkte immer schnell auf neue Informationen reagieren - so auch auf die Nachricht von Russlands Überfall auf die Ukraine. Als Beispiel führt Calcagni den US-Leitindex Dow Jones an, der in Reaktion auf die harten europäischen Sanktionen gegen Russland, um die Wirtschaft des Landes zu lähmen, russische Oligarchen zu bestrafen und das Land zu isolieren, zeitweise um mehr als 800 Punkte fiel. Als jedoch die Nachricht bekannt wurde, dass die EU Russland nicht aus SWIFT ausschliessen wolle, was "die unmittelbaren und härtesten Auswirkungen jeglicher Wirtschaftssanktionen effektiv verwässerte" konnte sich der Markt von seinem Kurssturz wieder deutlich erholen und beendete den Tag sogar mit einem kleinen Plus. Die Schnelligkeit, mit der die Märkte auf neue Nachrichten reagierten, sei jedoch nicht nur auf den Dow Jones beschränkt gewesen, so Calcagni. Am 24. Februar brach auch der russische Aktienmarkt ein. Der russische Index RTS fiel nach einer vorübergehenden Handelsaussetzung letztlich um fast 40 Prozent. Auch der russische Rubel hat gegenüber dem US-Dollar seit Kriegsbeginn massiv an Wert eingebüsst. Ähnlich sei laut Calcagni auch die "Rendite auf 10-jährige US-Staatsanleihen um fast 10 Basispunkte gegenüber ihrem Schlusskurs vom Vortag" gefallen, bevor sie sich bis zum Ende des Tages wieder fast vollständig erholt habe. "Eine genaue Analyse der Tick-Daten zeigt, dass die Renditen genau zur gleichen Zeit zu steigen begannen, als die Entscheidung der EU bekannt wurde, Russland nicht von der Teilnahme an SWIFT auszuschliessen.", erklärt Calcagni unter Berufung auf Daten von FactSet.

Aufgrund dieser schnellen Reaktion der Märkte auf neue Informationen, sollten laut Calcagni "alle Hoffnungen, die wir hegen könnten, mit solchen Informationen zu handeln, um kurzfristige Gewinne zu erzielen, […] beiseitegelegt werden". "In den meisten Fällen sind die Märkte hocheffizient, wenn es darum geht, neue Informationen schnell zu integrieren, und unsere Fähigkeit, durch den Handel mit solchen Informationen überschüssige Gewinne zu erzielen, ist fast immer kaum mehr als Wunschdenken.", so der Experte.

Diversifikation ist das A und O

Calcagnis zweite Lehre lautet: "Anleger sollten nicht aufgrund dessen, was sie erwarten, diversifizieren, sondern um sich vor dem zu schützen, was sie nicht erwarten". Bescheidenheit sei "bei weitem das wichtigsten Gut, das in jedes Portfolio aufgenommen werden sollte" und so täten Anleger gut daran, "ihre Selbstüberschätzung im Zaum zu halten". Es seien die Erwartungen der Anleger, die zu übertriebenem Selbstvertrauen führten, das sie wiederum dazu verleite, "auf wertvolle Diversifizierung zu verzichten". Laut Calcagni gewichten zu viele Anleger ihre Portfolios aufgrund von Marktprognosen von Experten stark über. "Es waren gerade die Anlageklassen, von denen wir für dieses Jahr eine Underperformance erwartet hatten - zum Beispiel festverzinsliche Wertpapiere und US-Wachstumsaktien (insbesondere im Vergleich zu Nicht-US- und Substanzaktien) - die seit Beginn der Krise bisher eine beachtliche Outperformance erzielt haben", erklärt Calcagni. Während Value-Aktien vor der Krise das Wachstum übertroffen haben und festverzinsliche Wertpapiere angesichts der Inflation und der Aussicht auf höhere Zinsen zu kämpfen hatten, haben sich die Trends seit Beginn der Invasion umgekehrt.

Daher sei es wichtig, dass Anleger "global gut diversifizierte Portfolios über die wichtigsten Anlageklassen hinweg" halten und innerhalb dieser diversifizieren. Viel zu oft hätten Anleger eine schlechte Diversifizierung innerhalb der Anlageklasse. So sei es zum Beispiel ratsam, um von einem erwarteten Anstieg der Energiepreise aufgrund der Krise zu profitieren, nicht nur in zwei Aktien aus dem Energiesektor zu investieren, da das Portfolio so nicht diversifiziert genug sei, um das unternehmensspezifische Risiko auszugleichen, sondern eher in einen diversifizierteren Energiesektor-ETF.

Da etwas Unerwartetes jederzeit passieren könne, sollten sich Anleger laut Calcagni nicht auf kurzfristige Marktrenditen fixieren. "Wenn uns die Märkte im Laufe der Jahre etwas gelehrt haben, dann die Tatsache, dass das Unerwartete auf seltsame Weise mit hoher Häufigkeit passiert. Und der beste Ansatz, sich gegen das Unerwartete zu schützen, ist die Pflege eines disziplinierten, global diversifizierten Portfolios, das sowohl über als auch innerhalb von Anlageklassen gut diversifiziert ist.", so Calcagni.

In Krisenzeiten Ruhe bewahren

Als letzte Lektion gibt Calcagni Anlegern mit, dass geopolitische Ausverkäufe bisher in der Regel nur von kurzer Dauer waren. So zeige eine aktuelle Studie von Vanguard, wie Calcagni schreibt, dass US-Aktien seit der Suez-Krise 1956 innerhalb von sechs Monaten nach einem anfänglichen geopolitischen Ausverkauf durchschnittlich 5 Prozent und innerhalb eines Jahres 9 Prozent Rendite erzielten. Sogar in der Kuba-Krise hätten US-Aktien zunächst relativ gering, um nur 5 Prozent, verloren und seien sechs Monate später um 21 Prozent gestiegen. Auch in der jüngeren Vergangenheit habe es einige geopolitische Krisen gegeben und sehe man sich die Daten an, so erkenne man, "dass geopolitische Krisen eher von relativ kurzer Dauer waren und dass die Märkte im Laufe der Zeit disziplinierte Anleger belohnt haben."

Calcagni weist darauf hin, dass nichts davon "die unsägliche menschliche Tragödie, die sich in der Ukraine entfaltet, übersehen oder in irgendeiner Weise kleinreden" solle. "Krieg ist immer und überall ein schreckliches Spiel und ein typisches Negativsummenspiel ohne Gewinner."
Jedoch seien die Erkenntnisse für Anleger aus solchen geopolitischen Krisen, "dass die Märkte im Laufe der Zeit diejenigen belohnen, die sich (1) dem Market-Timing widersetzen; (2) diversifiziert bleiben, sowohl innerhalb als auch über Anlageklassen hinweg; und (3) angesichts geopolitischer Krisen diszipliniert bleiben."

Redaktion finanzen.ch

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