Über Erwartungen |
27.07.2021 15:10:05
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Lindt&Sprüngli mit Umsatz- und Gewinnsprung im ersten Halbjahr - Lindt-Aktien fester
Lindt&Sprüngli hat sich von der pandemiebedingten Schwäche im letzten Jahr fulminant erholt.
Insgesamt setzte der Zürcher Premiumschokoladenhersteller in der Periode von Januar bis Juni 2021 1,80 Milliarden Franken um. Organisch, d.h. um Wechselkurse bereinigt, entspricht das einem hohen Wachstum von 17,4 Prozent. Lindt spricht in einer Mitteilung vom Dienstag von einer deutlichen Erholung des wichtigen Ostergeschäfts und einer Verdoppelung der Online-Umsätze im ersten Semester.
Geholfen hätten auch "kontinuierlich hohe" Werbeinvestitionen, neue Produktlancierungen oder die überdurchschnittliche Entwicklung des Premiumsegmentes. Allerdings gab es durchaus weiterhin Beeinträchtigungen wegen der Pandemie. So konnte etwa das Duty-Free-Geschäft wegen der anhaltenden Restriktionen im weltweiten Flugverkehr noch nicht an die Ergebnisse von vor Corona anschliessen. Und auch der Geschäftsbereich Global Retail mit den eigenen Läden hat noch nicht wieder das alte Niveau erreicht.
Mehr Marktanteile in allen Regionen
Lindt hat laut den Angaben in allen Regionen Marktanteile gewonnen. Das grösste Segment "Europa" legte organisch um 16,4 Prozent auf 941,3 Millionen Franken zu, wobei die Umsatzbeiträge der wichtigen Märkte Deutschland, Frankreich, UK und Italien "bemerkenswert" gewesen seien. Gefragt waren aber auch die Flaggschiffprodukte wie Lindor-Kugeln oder die Excellence-Tafeln. Im Heimmarkt Schweiz profitierte Lindt derweil von einer neuen Handelspartnerschaft. Seit Ende April sind bekanntlich in allen Migros-Filialen schweizweit Lindt-Produkte erhältlich.
Die Region "Nordamerika" wuchs organisch mit 18,8 Prozent gar noch etwas schneller als Europa. Auch in den USA, dem weltgrössten Schokolademarkt, habe man in der ersten Jahreshälfte Marktanteile dazugewonnen, wie es heisst. Verkauft werden dort neben Lindt-Produkten auch solche der Marken Ghirardelli und Russell Stover. Im "Rest der Welt" steigerte Lindt die Verkäufe organisch um 18 Prozent auf 237,0 Millionen Franken, wobei die Märkte Japan, Russland und China "besonders erfreulich" abgeschnitten hätten.
Klar über den Erwartungen von Analysten
Auf den verkauften Osterhasen, Lindor-Kugeln und Pralinés erzielte Lindt insgesamt einen Betriebsgewinn von 138,8 Millionen Franken (VJ 17,1 Mio), womit sich die Marge wieder deutlich auf 7,7 von lediglich 1,1 Prozent im Vorjahr erholte. Unter dem Strich verblieb ein Reingewinn von 101,6 Mio, was mehr oder weniger einer Verfünffachung entspricht. Die Erwartungen des Marktes wurden mit den präsentierten Zahlen massiv und auf allen Ebenen übertroffen. Analysten hatten beispielsweise im Durchschnitt lediglich ein organisches Wachstum von 9,6 Prozent oder eine EBIT-Marge von 5,6 Prozent geschätzt.
Wie andere Nahrungsmittel-Hersteller ist auch Lindt vom Preisanstieg bzw. -schwankungen vieler Rohstoffe wie Kakao, Zucker, Milchprodukte oder auch Verpackungsmaterial betroffen, konnte damit aber offenbar relativ gut umgehen. Die Kosten für Kakaoprodukte etwa seien dank einer "vorausschauenden Einkaufsstrategie" stabil gehalten worden, heisst es.
Um die hohe Nachfrage nach Lindt-Produkten befriedigen zu können, hält das Unternehmen seit vielen Jahren die Investitionen hoch. Unter anderem soll das Kakaomassewerk in Olten weiter ausgebaut werden, um die langfristige Versorgung der europäischen Werke mit Kakaomasse sicherzustellen. Aber auch in Deutschland oder am US-Standort in Stratham seien grosse Investitionen getätigt worden, so Lindt.
Entsprechend gibt sich Lindt auch für die weitere Zukunft optimistisch. Für das Gesamtjahr 2021 erwartet das Unternehmen eine etwas langsamere Gangart bei der aktuellen Erholung und geht von einem organischen Umsatzwachstum im unteren zweistelligen Bereich aus. Ausserdem wird eine operative Marge am oberen Ende von 13-14 Prozent angestrebt. Für die Folgejahre werden zudem die seit Jahren geltenden strategischen Ziele zu Umsatzwachstum und Margenentwicklung bestätigt.
Lindt & Sprüngli-Aktien nach süssen Halbjahreszahlen gesucht
Die Titel von Lindt&Sprüngli legen am Dienstag im SIX-Handel trotz schwachem Gesamtmarkt deutlich zu. Der Zürcher Premiumschokoladen-Hersteller hat die Prognosen mit seinen Halbjahreszahlen zum Teil pulverisiert. Der PS schwingt dabei gegenüber der Namenaktie etwas obenaus. Die bereits hohe Bewertung mahnt allerdings zu einer gewissen Vorsicht.
Lindt PS gewinnen aktuell 3,56 Prozent auf 10'170 Franken, die Namenaktien 2,46 Prozent auf 104'000 Franken. Die beiden Werte hatten sich bisher im Jahresverlauf in etwa mit dem Gesamtmarkt entwickelt.
Analysten zeigen sich erstaunt vor allem über die fulminante Umsatzentwicklung mit einem organischen Wachstum von 17,4 Prozent gegenüber den geschätzten 9,6 Prozent. Die Bank Vontobel nennt den Wachstums-Wert in ihrem Kommentar "mind-blowing", was wohl auf Deutsch in etwa mit "wahnsinnig" übersetzt werden könnte.
Etwas weniger plakativ, aber trotzdem sehr positiv drückt sich die ZKB aus, die ihren Kommentar mit "Lindt meldet sich noch stärker als erwartet zurück" überschreibt. Betont wird dabei auch, dass die Zahlen bereits wieder über dem Level von 2019 bzw. vor der Krise liegen. Positiv tönt es auch bei Baader Helvea mit den Adjektiven "exzellent" oder bei der UBS mit "stark".
Was die weitere Kursentwicklung angeht, sind die Kommentare dann nicht mehr ganz so euphorisch, wenn auch zumeist weiter unterstützend. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) 2022 von 43,9x bzw. einer Prämie von 56 Prozent zum historischen KGV von 281x sei der PS stolz bewertet, meint man etwa bei der ZKB. Die Papiere seien jedoch langfristig dank der einzigartigen Positionierung im Premiumschokoladenmarkt weiter interessant. Zudem dürfte es zu positiven Gewinnrevisionen kommen, was dem Aktienkurs eine Unterstützung gebe.
Vontobel hält gar an einer "Buy"-Einstufung fest. Lindt bleibe ein hochkarätiger Premium- und Nischenanbieter im F&B-Sektor. Die Konsumenten dürften deshalb weiterhin bereit sein, Geld für innovative, hochwertige und differenzierte Produkte auszugeben. Das Unternehmen habe zudem eine starke Erfolgsbilanz in Bezug auf das Kostenmanagement und auch die Gewinnvisibilität sei hoch.
Kilchberg (awp)
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