Stahlsparte |
25.11.2024 16:34:00
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thyssenkrupp-Aktie dreht ins Plus: thyssenkrupp Steel offenbar mit Finanzierungszusage nach positivem Gutachten - deutlicher Stellenabbau
Ein positives Gutachten könnte die Situation der Stahlsparte von thyssenkrupp beruhigen.
Da die positive Prognose nun vorliege, habe der thyssenkrupp-Konzern eine Finanzierungszusage getroffen, um die finanzielle Lage der Stahltochter zumindest zwei Jahre lang abzusichern. "Wir können bestätigen, dass das von der thyssenkrupp AG und der thyssenkrupp Steel Europe AG beauftrage IDW S11-Gutachten zu einer positiven Fortführungsprognose für die Stahlsparte des Konzerns gekommen ist. Auf dieser Basis hat die thyssenkrupp AG eine Finanzierungszusage getroffen, die die Liquidität des Stahlgeschäfts in den kommenden zwei Jahren sicherstellt. Damit herrscht nun Klarheit über die Finanzierungssituation des Stahlbereichs nach Beendigung des bisherigen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zum Ende des abgelaufenen Geschäftsjahres. Ziel ist es, den eingeschlagenen Weg zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Fortführung der grünen Transformation im Stahlgeschäft konsequent fortzusetzen", teilte der Konzern auf Anfrage von Dow Jones mit.
thyssenkrupp und thyssenkrupp Steel Europe hatten im September zwei Sanierungsgutachten für die Stahlsparte in Auftrag gegeben: das kurzfristige, das nun vorliegt, und ein längerfristiges nach dem Standard IDW-S6, das für kommendes Jahr erwartet wird. Auch der neue Geschäftsplan für thyssenkrupp Steel Europe des neuen Stahlchefs Dennis Grimm steht noch aus, wie der Spiegel weiter berichtet. Deutschlands grösster Stahlhersteller leidet unter der schwachen Konjunktur; der Umbau hin zu einer klimafreundlicheren Stahlproduktion in Duisburg verteuert sich.
Im Mai ist der Energiekonzern EPCG des tschechischen Unternehmers Daniel Kretínský zu 20 Prozent bei thyssenkrupp Steel Europe eingestiegen. Daraufhin ist der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Tochter und dem Mutterkonzern zum Ende des vergangenen Geschäftsjahrs ausgelaufen, also per Ende September. Dies hatte Sorgen um die Liquidität der Stahlsparte geweckt.
thyssenkrupp-Stahl will Tausende Stellen abbauen
Deutschlands grösste Stahlfirma thyssenkrupp Steel setzt den Rotstift an: Die Zahl der Arbeitsplätze soll innerhalb von sechs Jahren um 11.000 schrumpfen, wie das Unternehmen mitteilte. Von jetzt 27.000 Stellen soll dann noch 16.000 übrig sein. Die defizitäre Firma möchte wieder profitabel werden.
5.000 Stellen sollen bis Ende 2030 in Produktion und Verwaltung wegfallen, 6.000 weitere Stellen sollen durch Ausgliederungen auf externe Dienstleister oder Geschäftsverkäufe ausgelagert werden.
Mit dem nun vorgestellten Eckpunktepapier, das der Vorstand einem Aufsichtsratsausschuss vorstellte, reagiert das Unternehmen auf die Nachfrageschwäche. Mit dem Vorhaben verbunden ist die Reduzierung der Stahlkapazitäten von derzeit 11,5 Millionen Tonnen pro Jahr auf nur noch 8,7 bis 9,0 Tonnen. Das entspreche der Versandmenge des vergangenen Geschäftsjahres. Die Stahlfirma gehört mehrheitlich dem Industriekonzern thyssenkrupp. Die im MDax notierte Aktie von thyssenkrupp legte am Nachmittag um 2,6 Prozent zu.
Ein Standort wird dichtgemacht
Der Standort in Kreuztal (NRW) mit derzeit noch 500 Beschäftigten soll geschlossen werden, an den anderen Standorten soll die Zahl der Arbeitsplätze gesenkt werden. Duisburg, wo die Firma rund 13.000 Stellen sind, wird besonders hart getroffen sein. Betriebsbedingte Kündigungen werden nicht explizit ausgeschlossen. Sie zu vermeiden, sei aber das Ziel, heisst es von der Firma. Die IG Metall bewertete das Vorhaben als "Kahlschlag", der für die Beschäftigten und den Industriestandort NRW "eine Katastrophe" sei.
Ganze deutsche Stahlindustrie ist unter Druck
Mit seinen Problemen steht thyssenkrupp Steel Europe nicht alleine da, die ganze Branche ist unter Druck. Zu Deutschlands Stahlindustrie gehören unter anderem noch die Firmen Salzgitter und Arcelor Mittal sowie die Saarhütten, alles in allem waren in der Branche Ende 2023 rund 80.000 Menschen beschäftigt.
Die Branche steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Sie soll auf Klimakurs getrimmt werden, was aber Milliarden kostet. Ziel ist es, den bislang sehr CO2-intensiven Stahl klimafreundlicher herzustellen und ihn damit "grün" zu machen. Aktuell kommen die schwierige konjunkturelle Lage und Billigimporte aus Asien hinzu.
"Die gesamte deutsche Stahlindustrie kämpft derzeit um ihr Überleben und ihre Zukunft", sagt die Hauptgeschäftsführerin des Branchenverbandes Wirtschaftsvereinigung Stahl, Kerstin Maria Rippel. Zu hohe Energiekosten und unfair subventionierte Konkurrenzprodukte aus China drohten, den Unternehmen die Luft abzuschnüren.
Management stellt Schritt als unvermeidlich dar
Die Vorstandsriege von thyssenkrupp Steel musste sich nach mehreren Abgängen unlängst neu sortieren. Sie hält den Stellenabbau für nötig, um dadurch den Erhalt der verbliebenen Stellen zu gewährleisten.
Man wolle für möglichst viele Beschäftigte langfristige Perspektiven schaffen, sagt thyssenkrupps Stahlchef Dennis Grimm. Deshalb werde man sich durch gezielte Kapazitätsanpassungen und Kostensenkungen an die veränderten Marktbedingungen anpassen. "Um uns zukunftsfest aufzustellen, ist eine umfassende Optimierung und Verschlankung unseres Produktionsnetzwerkes und unserer Prozesse notwendig."
Ein wesentliches Element zur Kapazitätsreduzierung bleibe die Trennung von den Hüttenwerken Krupp Mannesmann (HKM), hiess es weiter. Das ist ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Stahlkonzern Salzgitter und dem französischen Röhrenhersteller Vallourec, an dem thyssenkrupp Steel die Hälfte der Anteile hält - von den 3000 HKM-Mitarbeitern werden bilanziell 1500 thyssenkrupps Stahlsparte zugerechnet. Sollte der Verkauf nicht möglich sein, sollen Schliessungsszenarien besprochen werden.
Parallel zu dem Sparprogramm möchte die Konzernmutter thyssenkrupp die Verselbstständigung des Stahlbereichs vorantreiben. Derzeit hält das tschechische Energieunternehmen EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky 20 Prozent an thyssenkrupp Steel, in einem nächsten Schritt soll dieser Anteil auf 50 Prozent steigen.
Grünstahl-Anlage soll weitergebaut werden
Den Bau einer rund drei Milliarden Euro teuren Anlage zur Produktion von "Grünstahl" in Duisburg möchte thyssenkrupp Steel fortsetzen. Sie soll zunächst mit Erdgas, später dann mit Wasserstoff betrieben werden. Der Bund und das Land NRW zahlen dafür insgesamt zwei Milliarden Euro.
Trotz der kräftigen Finanzspritze des Staates ist das Vorhaben für thyssenkrupp Steel eine teure Sache. Medienberichten zufolge war intern über einen Ausstieg aus dem Vorhaben nachgedacht worden. Nun betont das Unternehmen, dass man an dem Plan festhalte.
Gleichzeitig führe man "konstruktive Gespräche" mit den zuständigen Stellen, "um die Wirtschaftlichkeit dieses grossen Investitionsprojekts unter den sich schnell verändernden Rahmenbedingungen sicherzustellen".
Scharfe Kritik von der Gewerkschaft
Von der Gewerkschaft kam herbe Kritik an den geplanten Jobkürzungen. IG-Metall-Bezirksleiter Knut Giesler, Vize-Aufsichtsratsvorsitzender von thyssenkrupp Steel, kündigte "erbitterten Widerstand der IG Metall" an. Er monierte, dass es keinen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und Standortschliessungen gebe. "Genau das sind die roten Linien, die wir immer wieder kommuniziert haben." Zu den geplanten Kürzungen bei den Personalkosten sagte Giesler: "Wer in Zeiten des Fachkräftemangels auf solche Ideen kommt, hat nichts verstanden."
Besorgt reagierte auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Der "Rheinischen Post" sagte er, das sei ein "Schock für Tausende Beschäftigte und ihre Familien" und "eine abermals schlechte Nachricht für den Industriestandort Deutschland". Er appellierte an die Firma, ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden. "Die Landesregierung hat die klare Erwartung an das Unternehmen, dass es zu keinen betriebsbedingten Kündigungen kommt."
thyssenkrupp-Arbeitsdirektor Burkhard hört Ende Januar auf
thyssenkrupp-Arbeitsdirektor Oliver Burkhard gibt sein Vorstandsmandat beim Essener Technologie- und Stahlkonzern Ende Januar auf. Der Manager werde sich ganz auf seine zweite Rolle als CEO von thyssenkrupp Marine Systems konzentrieren, teilte der MDAX-Konzern mit. Der Mutterkonzern will den Marineschiffbau verselbstständigen und an die Börse bringen. Man habe sich "auf Wunsch von Oliver Burkhard einvernehmlich auf eine Beendigung seines Vorstandsmandates zum 31. Januar 2025 verständigt", heisst es in der Mitteilung.
Mit dem geplanten Spin-off von thyssenkrupp Marine Systems seien "sehr intensive Vorbereitungsarbeiten" verbunden, sagte Burkhard. Ab Februar werde er sich "voll und ganz" der Aufgabe als CEO widmen, sagte Burkhard, der dieses Amt seit Mai 2022 zusätzlich zum Mandat als Konzernpersonalvorstand innehat.
Die Aktie von thyssenkrupp steigt auf XETRA nach vorübergahenden Kursverlusten inzwischen um 2,55 Prozent auf 3,90 Euro.
DOW JONES / (awp international)
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