Liquidität zu gering |
07.03.2022 21:16:00
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Trotz Sanktionen: Warum Kryptowährungen für Russland schwerlich eine Option sind
Das Transaktionsvolumen beim Bitcoin ist sowohl in der Ukraine als auch in Russland seit Kriegsbeginn deutlich gestiegen, weshalb befürchtet wird, die Kryptowährung könnte zur Umgehung der Sanktionen eingesetzt werden. Experten halten dies jedoch für unwahrscheinlich. Die EU-Finanzminister wollen dennoch reagieren und bei den Sanktionen mit Blick auf Digitalwährungen nachschärfen.
• EU-Finanzminister wollen Schlupflöcher bei Kryptowährungen schliessen
• Experten sehen kaum Möglichkeiten, Sanktionen durch Digitalwährungen zu umgehen
Seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine ist das Transaktionsvolumen beim Bitcoin sowohl in Russland als auch in der Ukraine auf den höchsten Stand seit mehreren Monaten gestiegen. Das meldet der US-Sender "CNBC" unter Berufung auf Daten des Analyseunternehmens Kaiko. "Das Volumen für die Handelspaare RUB und UAH stieg viel schneller als das Volumen für andere Paare, wie z.B. BTC-USD, was darauf hindeutet, dass die Krise das Handelsverhalten direkt beeinflusst", so die Analysten. Allerdings nahm in den vergangenen Tagen auch weltweit das Interesse an Kryptowährungen zu, weshalb Bitcoin, Ethereum und andere grosse Digitalwährungen deutliche Kurszuwächse verzeichnen konnten.
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Mit dem steigenden Handelsvolumen von Kryptos in Russland steigt jedoch auch die Befürchtung, dass Russland die verhängten Sanktionen durch die Verwendung von Bitcoin & Co. umgehen könnte. Denn während die russische Zentralbank im Januar noch ein Verbot von Digitalwährungen forderte, könnten diese nun einen möglichen Ausweg darstellen, nachdem sieben russische Banken von SWIFT und damit dem Grossteil des internationalen Zahlungsverkehrs ausgeschlossen wurden. Denn Kryptowährungen werden nicht von Zentralbanken herausgegeben oder kontrolliert, sind dezentralisiert und kennen keine Ländergrenzen.
Europa kündigt Nachschärfung der Sanktionen mit Blick auf Kryptowährungen an
Die europäischen Finanzminister haben daher bereits angekündigt, bei den Sanktionen etwaige Schlupflöcher in Bezug auf Kryptowährungen zu schliessen. "Insbesondere werden wir Massnahmen zu Kryptowährungen ergreifen, die nicht dafür verwendet werden dürfen, um die von der Europäischen Union beschlossenen Finanzsanktionen zu umgehen", sagte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire am Mittwoch. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner erklärte, man wolle "Massnahmen ergreifen, um zu unterbinden, dass gelistete Personen und Institutionen auf unregulierte Kryptowerte ausweichen können". Laut "CNBC" will auch die USA bei den Sanktionen gegen Russland Kryptowährungen ins Visier nehmen.
Wie genau entsprechende Massnahmen aussehen könnten, wurde nicht detailliert erklärt. Denkbar wäre etwa, dass grosse Kryptobörsen Nutzer aus Russland blockieren könnten, wie es die Ukraine bereits gefordert hat. Laut "CNBC" hat die grösste Kryptowährungsbörse Binance bereits angekündigt, die Konten von Russen, gegen die Sanktionen erhoben wurden, zu sperren. Man werde jedoch nicht die Konten aller russischen Nutzer einfrieren, da dies den grundlegenden Prinzipien von Kryptowährungen widerspreche.
Viele Experten sind ohnehin der Meinung, dass Kryptowährungen nicht dafür geeignet seien, die Sanktionen zu umgehen. Denn zum einen fehle Russland die entsprechende Infrastruktur, zum anderen seien die Kryptomärkte selbst nicht dafür ausgelegt.
Kryptowährungen allenfalls als Fluchtwährung brauchbar
Für russische Oligarchen, die von den Sanktionen betroffen sind, dürfte Kryptowährungen - allen voran die weniger schwankungsanfälligen Stablecoins - nach Meinung von Experten allenfalls als Fluchtwährung dienen, in denen sie ihr Geld sicher vor einem Zugriff verwahren können. "Bitcoin und Co. könnten kurzfristig als Vehikel fungieren, um Vermögenswerte zu parken und vor Sanktionen zu schützen", glaubt Timo Emden, Analyst bei Emden Research. Eine Verwendung in der russischen Realwirtschaft dürfte allerdings an der fehlenden Akzeptanz scheitern, so der Experte. Ähnlich äusserte sich auch Krypto-Experte Philipp Sandner gegenüber dem "manager magazin". "Um Kryptowährungen als Zahlungsmittel einzusetzen und damit die Sanktionen zu umgehen, müsste erst mal die Infrastruktur her", so Sandner. Anders formuliert: Selbst wenn die russische Bevölkerung, russische Konzerne oder die russische Regierung jetzt verstärkt auf Kryptowährungen setzen würden, könnten sie sich damit nichts kaufen.
Bisher würden die digitalen Coins in Russland lediglich von Privatpersonen genutzt, bei Unternehmen gebe es praktisch keine Integration, so Sandner weiter. Bis ein entsprechendes System aufgebaut sei, dürften seiner Meinung nach bis zu zwölf Monate vergehen - und selbst dann gebe es weitere Hürden. So müsste Russland etwa eine App bereitstellen, die digitale Zahlungen ermöglicht, und deren Verbreitung forcieren - dabei dürften allerdings die App-Stores von Apple und Google nicht mitspielen. Ausserdem würden auch international Geschäftspartner benötigt, die Kryptowährungen akzeptieren - und die sind momentan rar. Das "manager magazin" geht daher davon aus, dass der russischen Regierung in ihren internationalen Handelsgeschäften der Weg über digitale Devisen verbaut bleibt.
Auch die grossen Summen, um die es bei den Geschäften der russischen Regierung und der russischen Konzerne normalerweise geht, dürften ein Hindernis sein. "Die Grösse und das Ausmass der Kryptomärkte - und ihr Liquiditätszustand - sind nicht ausreichend, um das auszugleichen, was an Bankenstörungen und anderen Störungen durch die Sanktionen geschieht", sagte Yaya Fanusie, der sich für das "Center for a New American Security" mit Digitalwährungen beschäftigt, gegenüber "CNBC". So seien Kryptowährungen zu wenig gehandelt und zu illiquide, um grosse Käufe zu tätigen. Laut "CNBC" sei etwa bei der grössten Kryptobörse Binance das Bitcoin-Rubel-Devisenpaar auf einen Gegenwert von 250'000 US-Dollar pro Trade begrenzt. Weitere Experten weisen gegenüber dem US-Sender zudem darauf hin, dass Krypto-Transaktionen zwar anonym seien, die Grösse einer Transaktion auf der Blockchain aber direkt ersichtlich sei. Sehr grosse Transaktionen würden daher sofort ins Auge stechen und viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen - was sicher nicht erwünscht wäre, wenn Sanktionen umgangen werden sollen.
Kryptowährungen wie der Bitcoin dürften daher also nicht geeignet sein, um die Sanktionen zu umgehen. Krypto-Experte Philipp Sandner warnte gegenüber dem "manager magazin" jedoch davor, dass Russland gemeinsame Sache mit China machen könnte. "Sie könnten auch überlegen, sich der digitalen Währung der Chinesen anzuschliessen, der digitale Yuan ist ja seit kurzem auf dem Markt", so Sandner. Ob das jedoch eine realistische Options ist, bleibt abzuwarten.
Redaktion finanzen.ch
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