Rückblick: Gold bis BTC |
01.11.2021 06:33:00
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Marktprognosen 2020: Hier lagen Analysten falsch - hier richtig
Vor oder kurz nach dem Jahreswechsel wagen sich Analysten an Kursziele, Prognosen und den Ausblick für ein neues Jahr heran. Doch oftmals kommt alles anders, als sie denken. Besonders 2020 hatte ganz eigene Regeln. Welche Prognosen trafen ein und wo lagen Analysten komplett daneben?
• Hatte Wells Fargo eine Vorahnung auf das, was 2020 folgte?
• Welche Prognosen zu Ölpreis, Goldpreis, Bitcoin & Co. zutrafen
Mit dem Jahreswechsel 2019/2020 warteten zahlreiche Analysten von namhaften Bankenhäusern aber auch andere Marktexperten mit Prognosen auf, wie sich im neuen Jahr die Börsen, Rohstoffpreise oder Devisen entwickeln könnten. Dass es sich bei solchen Prognosen schnell um einen Blick in die Glaskugel handelt und sogenannte Schwarze Schwäne alles über den Haufen werfen können, hat 2020 eindrucksvoll erwiesen: Aufgrund der Corona-Pandemie verlief das Jahr alles andere als prognostiziert.
Diese Risiken sah die Deutsche Bank auf den Aktienmarkt zukommen
Bevor das Jahr 2019 endete, befasste sich Ökonom Torsten Slok von der Deutschen Bank mit potenziellen Risiken, die auf Anleger zukämen. Als grösste Risiken wurden dabei vor allem US-amerikanische Faktoren identifiziert. So etwa der bis dato noch ungelöste sino-amerikanische Handelskonflikt aber auch der noch amtierende US-Präsident Trump, der sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Amtsenthebungsverfahren konfrontiert sah. So wurde auch die US-Wahl als Unsicherheitsfaktor betitelt. In diesem Zusammenhang prognostizierte Slok, die US-Notenbank Fed werde sich mit Zinssenkungen zurückhalten.
Mit der Corona-Pandemie brach ein Ereignis über die gesamte Welt ein, das sich als massives Risiko entpuppte und die anderen von Slok verkündeten grossen Risiken in den Schatten stellte. Zwar sorgte die US-Wahl tatsächlich für Volatilität, jedoch lag der Ökonom beim Punkt Zinsen in den USA falsch: Um die Wirtschaft anzukurbeln, senkte die Fed den Leitzins, so wie viele andere Notenbanken der Welt auch. Während der Pandemie gab es zumindest keine neuen Eskalationsstufen im Handelsstreit, ungelöst bleibt er aber dennoch auch mit dem Ende dieses Jahres.
Branchenseitig machte Slok übrigens eine Punktlandung, wenn womöglich auch auf anderen Grundlagen: Der deutschen Automobilindustrie sagte er eine Schrumpfung vorher und bezeichnete diese als Belastung für die Weltwirtschaft. "Wir erwarten für das Gesamtjahr 2020 ein Volumen von rund 2,9 Mio. Neuzulassungen. Das ist ein Rückgang von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr", bestätigte Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), die düstere Vorahnung des Deutsche Bank-Experten.
Goldman Sachs: Erholung der US-Wirtschaft in 2020
Die US-Investmentbank Goldman Sachs blickte optimistisch auf 2020 und erwartete eine Belebung des US-Wirtschaftswachstums, während die 2019er Probleme hätten gelöst werden sollen.
"Den Aktienmarkt erwartet eine Beschleunigung des US-Wirtschaftswachstums in den kommenden Monaten", schrieben die Goldman-Analysten. Wirtschaftliche Impulse sollten durch die Lösung von Problemen kommen: Die Idee sei gewesen, dass Zölle auf chinesische Importe unverändert blieben und der Konflikt so nicht mehr auf dem Wachstum laste. Die Lungenkrankheit COVID-19 erlegte der Wirtschaftsleistung allerdings extreme Schwankungen auf, schreibt das Handelsblatt. Im Frühjahr drifteten die USA in eine Rezession ab, die Erholung ist weiterhin im Gange.
Anleihen 2020: "Baby-Bärenmarkt"?
Auch für den Anleihenmarkt trat Goldman Sachs mit einer Prognose auf den Plan: ein kleiner Bärenmarkt sollte auf Anleihen zukommen. Dabei sollten Niedrigzinsen zur Belastung werden. Nach einem anfänglichen Anstieg hatte das Kreditinstitut spätestens für die zweite Jahreshälfte einen Rücksetzer der Rendite für zehnjährige Staatsanleihen auf 2,25 Prozent erwartet. Doch die Eintrübung verlief stärker: Wie Statista-Daten zeigen, lag die Rendite US-amerikanischer Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit bei durchschnittlich etwa 0,68 Prozent im September.
Nach Rekordjahr 2019: Well Fargo-Strategin erwartete Unsicherheiten
Das vergangene Jahr war vor allem an der Wall Street von Rekordhöhen geprägt. Aufgrund dessen rechnete Tracie McMillion, Strategin bei Wells Fargo, 2020 nicht mit solch hohen Erträgen und meinte, Gewinnmitnahmen wären die richtige Massnahme. Sie stützte ihre Annahme insbesondere auf die zahlreichen politischen Unsicherheiten. Parallel glaubte sie aber, dass der Markt widerstandsfähig bleiben sollte. Mit Blick auf das erste Quartal 2020 kann diese Prognose als zutreffend bezeichnet werden, auch wenn sich der zugrundliegende Auslöser als ein anderer erwies: das Coronavirus. Auch die Widerstandsfähigkeit bewahrheitete sich. Schliesslich folgte auf den Märzcrash eine einmalige Erholungsrally. Doch diese brachte neue Höhen mit sich und die 2019er Rekordstände - wie etwa bei der Tesla-Aktie oder beim Dow Jones - wurden eingestellt.
Ölpreisprognose: Wie es 2020 tatsächlich lief
Bereits das Jahr 2019 galt als volatiles Jahr für die Ölpreise. Goldman Sachs verkündete am Ende des letzten Jahres deshalb Aufwärtsrisiken und sah wenig Bewegung auf das schwarze Gold zukommen. Doch es kam anders, als die Analysten dachten. Wegen der giftigen Mischung ungünstiger Faktoren bestehend aus einer stark fallenden Nachfrage und einem viel zu hohen Angebot, drohten in vielen Ländern die Lagerkapazitäten überschritten zu werden. Die Ölpreise erfuhren wegen der drastischen Auswirkungen der Corona-Krise einen historischen Kurseinsturz - zeitweise rutschte der Ölpreis sogar ins Negative ab. Doch handelte sich um ein spezielles Ereignis, auch bedingt durch einen verfallenen Mai-Terminkontrakt auf US-Öl. Dabei verpflichten sich Verkäufer, eine festgelegte Menge einer Ware zu einem festen Preis und Termin zu liefern.
Goldpreis als Sicherer Hafen bewahrheitet sich
Zarte 1'600 US-Dollar prognostizierte Goldman Sachs dem Goldpreis - der Ausblick galt Ende 2019 als optimistisch. Das Preisziel der Analysten wurde sogar bei Weitem übertroffen, denn Gold bewies einmal mehr, wie stark seine Funktion als Sicherer Hafen wirkt. In der Krise flüchteten Anleger verstärkt in den gelbglänzenden Rohstoff. Nach einem Rücksetzer im März aufgrund des durch Corona induzierten Ausverkaufes an sämtlichen Märkten setzte der Goldpreis zu einer kräftigen Aufwärtsbewegung an, die im August 2020 in einem Allzeithoch bei 2'063,68 US-Dollar gipfelte. Zwar legten die Goldman-Analysten ihre Prognose anderen Gründen zugrunde, sprachen aber Ende 2019 bereits von Rezessionsängsten.
Analyst verkündete Pfund-Rally dank Brexit-Chaos
Analyst Michael Harris hoffte auf ein Ende des Brexit-Chaos und eine anschliessende Rally der britischen Währung Pfund. Kurz vor dem Jahreswechsel notierte das Pfund Sterling deutlich über der Marke von 1,30 US-Dollar. Doch das Corona-Crash-Quartal ging auch an der Landeswährung Grossbritanniens nicht spurlos vorbei und sorgte für einen deutlichen Kurssturz: Es ging unter die Marke von 1,15 US-Dollar. Doch dank einer Erholungsrally wurde der Stand von Ende Dezember 2019 übertroffen: Am 17. Dezember verzeichnete das Pfund ein 52-Wochenhoch bei 1,362. Zu danken ist das aktuell versöhnlichen Tönen in Sachen Brexit, obwohl das Austritts-Chaos nach wie vor bei keinem versöhnlichen Ende angelangt ist: Zwischenzeitlich hiess es, das Brexit-Handelspaket stünde auf der Kippe. Doch die Brexit-Gespräche gingen in eine Verlängerung, obwohl eigentlich bereits eine endgültige Entscheidung hätte auf den Tisch kommen sollen. Die Übergangsfrist endet am 31.Dezember.
Bei Harris Einschätzungen zu der Entwicklung des britischen Pfunds handelt sich also um eine der wenigen Prognosen, denen der Schwarze Schwan Corona nicht vollständig einen Abbruch tun konnte.
Bitcoin: Prognosen hofften auf Halving als Katalysatoren
Ende 2019, genau zwei Jahre nach der atemberaubenden Rally des Bitcoin, widmeten sich Marktakteure der Frage für das neue Jahr: Crash oder Kursrakete? Mit Blick auf das Halving-Event, das im Mai anstand, hofften Experten im Voraus auf einen kräftigen Kursschub - dieser fiel letztendlich mehr als verhalten aus. Doch die Rally kam doch noch, nur später.
Am 31. Dezember 2019 bewegte sich der BTC-Kurs noch bei rund 7.276 US-Dollar. Nachdem der Kurs im Zuge der Corona-Unsicherheiten jedoch nah an die 5'000-Dollar-Grenze fiel, startete das Krypto-Gold einen Erholungslauf, der sich zu einem Bullenmarkt mauserte: Mitte Dezember kletterte die digitale Währung schliesslich auf ein neues Rekordhoch bei mehr als 23'000 US-Dollar (via Bitstamp). Damit lag der Coin jedoch weit unter der ambitionierten Kursprognose von John McAfee in Höhe von einer Million US-Dollar, konnte aber immerhin die bislang unüberwindbare runde Marke von 20'000 US-Dollar überspringen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Jahr 2020 eine nie dagewesene Messlatte für Prognosen gesetzt hat. Bilderbuchartig führte das Coronavirus vor, was es bedeutet, wenn ein Schwarzer Schwan die gesamte Welt überrascht. Das nun bald abgelaufene Jahr, geprägt von Beschränkungen, Wirtschaftssorgen und neuen Rekordhochs, geht als einschneidendes Erlebnis nicht nur in die Börsengeschichte ein.
Theresa Holz /Redaktion finanzen.ch
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