| Expertenkolumne |
11.12.2025 12:45:01
|
Von Zinssenkungen zu mehr Vorsicht: Die Fed startet mit einer abwartenden Haltung in das Jahr 2026
Die US-Notenbank hat auf ihrer Dezembertagung - wie weithin erwartet - den Leitzins um 25 Basispunkte gesenkt und zugleich hervorgehoben, dass künftige Entscheidungen noch stärker datenabhängig ausfallen werden. Vorausgesetzt, es kommt nicht zu einem unerwarteten wirtschaftlichen Schock, ist vor der zweiten Hälfte des kommenden Jahres kaum mit einer weiteren Zinssenkung zu rechnen.
Während der Pressekonferenz hob Fed-Vorsitzender Jerome Powell die Abwärtsrisiken am Arbeitsmarkt als Begründung für die Zinssenkung hervor. Angesichts dessen, dass ein zunehmender Teil des Rates weiteren Senkungen skeptisch gegenüberstand und der Leitzins sich innerhalb der "plausiblen Schätzwerte der neutralen Zinsrate" bewegte, betonte er, dass die Fed gut positioniert sei, um zunächst weitere Daten abzuwarten und flexibel auf sich verändernde Risiken für die wirtschaftlichen Aussichten zu reagieren.
Die Anleiherenditen gaben leicht nach, da Powell darauf verzichtete, ein klareres Signal zu senden, dass keine weiteren Zinssenkungen zu erwarten seien. Stattdessen stellte er die Datenabhängigkeit in den Vordergrund.
Der Leitzins der Fed im Jahr 2026
Unsere Prognose für die Geldpolitik im nächsten Jahr stimmt weitgehend mit der Einschätzung der Fed-Vertreter und den aktuellen Markterwartungen überein: Wir gehen davon aus, dass die Fed die Zinsen bis zum Ende der Amtszeit von Jerome Powell, die bis Mai 2026 dauert, in einer Spanne von 3,5 bis 3,75 Prozent stabil halten wird. Unter neuer Führung ist dann im weiteren Jahresverlauf wieder mit schrittweisen Zinssenkungen zu rechnen.
Wie Powell es formulierte, herrscht in beiden Teilen des doppelten Mandats "anhaltende Spannung". Das überraschend robuste Wachstum in der zweiten Jahreshälfte 2025 sowie die Steuersenkungen für Haushalte und Unternehmen, die 2026 zu höheren Einkommen nach Steuern führen werden, könnten die Inflation weiterhin vom Zwei-Prozent--Ziel der Fed entfernen. Dennoch ist die Fed weiterhin gut positioniert, um auf mögliche Abweichungen zu reagieren: Sollten die Wachstumsimpulse den zunehmend schwachen US-Arbeitsmarkt nicht stabilisieren, könnten weitere Zinssenkungen folgen. Selbst wenn Abwärtsrisiken ausbleiben, erwarten wir, dass die US-Notenbank Ende 2026 mit der schrittweisen Senkung der Zinsen fortfahren kann, da der Inflationsdruck allmählich nachlässt.
Die Fed steht vor einer schwierigen Gratwanderung: Sie muss die Inflation eindämmen und gleichzeitig den Arbeitsmarkt stärken, um die wirtschaftliche Absicherung der Haushalte zu gewährleisten. Powell betonte, dass es keinen risikofreien Weg gebe. Er wies darauf hin, dass eine solide Grundlage dafür bestehe, dass die durch Zölle verursachten Inflationseffekte - im Wesentlichen eine einmalige Verschiebung des Preisniveaus - wahrscheinlich nachlassen werden. Gleichzeitig hob er die bemerkenswerten Fortschritte hervor, die in diesem Jahr bei der nicht zollbedingten Inflation erzielt wurden.
Was den Arbeitsmarkt betrifft, fehlen derzeit vollständige Daten: Für Oktober wurden keine Zahlen erhoben, und die Daten für November sind unvollständig. Die kommenden Veröffentlichungen müssen daher sorgfältig analysiert werden. Positiv wirken weiterhin die Konsumausgaben und die Produktivität, die die Wirtschaftstätigkeit stützen. Zudem bleibt die Fiskalpolitik unterstützend, und die Unternehmensinvestitionen in Künstliche Intelligenz entwickeln sich stabil.
Erklärung und Prognosen vom Dezember: Der Leitzins im neutralen Bereich
Die Erklärung der Fed enthielt im Dezember nur eine bemerkenswerte Änderung. Sie griff eine Formulierung aus der Erklärung vom Dezember 2024 auf - damals hatte die Fed im Verlauf von drei Sitzungen insgesamt 75 Basispunkte gesenkt - und stellte klar, dass "Umfang und Zeitpunkt" weiterer Zinsanpassungen von den wirtschaftlichen Daten abhängen würden. Nach der Erklärung vom Dezember 2024 hatte die Fed den Leitzins für einen Grossteil des Jahres 2025 unverändert belassen.
Auch die neuen Wirtschaftsprognosen der Fed zeigten gegenüber den September-Schätzungen nur geringe Anpassungen. Die Wachstumsprognosen für 2026 wurden nach oben korrigiert: Der Median der Marktteilnehmer liegt nun bei 2,3 statt zuvor 1,8 Prozent. Dieser deutliche Anstieg hatte jedoch kaum Auswirkungen auf andere Bereiche: Die durchschnittlichen Arbeitslosenprognosen blieben unverändert, und die Inflationsprognosen wurden nur leicht nach unten angepasst. Auch die durchschnittliche Zinsprognose blieb stabil, was lediglich eine Zinssenkung im Jahr 2026 impliziert.
Insgesamt spiegeln die Erklärung und die Prognosen vom Dezember wider, dass die Fed die Geldpolitik nun als innerhalb des neutralen Bereichs liegend betrachtet - also als einen Zinssatz, von dem erwartet wird, dass er ein trendmässiges Wirtschaftswachstum unterstützt.
Technische Änderungen an der Bilanz der Fed
Die Fed kündigte technische Anpassungen ihrer Bilanz und ihrer Repo-Programme an, um der jüngsten Volatilität der Geldmarktzinsen entgegenzuwirken. Sie wird mit dem Kauf von Schatzwechseln beginnen, um Liquidität bereitzustellen und sicherzustellen, dass die Reservebestände nicht weiter sinken. Die Ankündigung erfolgte etwas früher und umfangreicher als viele Marktteilnehmer erwartet hatten, woraufhin die Geldmarktzinsen um einige Basispunkte stiegen.
Powell betonte in der Pressekonferenz ausdrücklich, dass es sich dabei um eine technische Anpassung handele, die nicht mit den politikorientierten Programmen zur quantitativen Lockerung verwechselt werden dürfe, die die Fed in den letzten beiden Rezessionen zur Stabilisierung der Wirtschaft durchgeführt hatte.
von Tiffany Wilding, Ökonomin bei PIMCO
Weitere Links:
Inside Fonds
Meistgelesene Nachrichten
Top-Rankings
Börse aktuell - Live Ticker
Nach US-Zinsentscheid: SMI wenig bewegt -- DAX freundlich -- Wall Street uneinheitlich -- Asiens Börsen am Donnerstag letztlich leichterDer heimische sowie der deutsche Aktienmarkt tendieren seitwärts. Die US-Börsen zeigen sich am Donnerstag auf unterschiedlichen Seiten. In Fernost tendierten die wichtigsten Aktienmärkte zu Verlusten.


