Vorteilhaft für Kunden? |
11.10.2023 23:20:00
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25 Jahre Swisscom: War die Liberalisierung des Schweizer Telekommarktes erfolgreich?
Vor 25 Jahren wurde der Schweizer Telekommunikationsmarkt liberalisiert. In etwa zur gleichen Zeit entstand auch die Swisscom. Hat die Liberalisierung den Kunden überhaupt etwas gebracht und wie ist es der Swisscom seitdem ergangen?
• Swisscom entsteht aus der Telecom PTT und geht an die Börse
• Schweiz bei Netzabdeckung aber auch bei Preisen heute weit vorne
Vor 25 Jahren, am 1. Januar 1998, wurde der Telekommarkt in der Schweiz liberalisiert. Die Schweizer waren nicht mehr gezwungen, über die Telecom PTT, die mittlerweile zur Swisscom geworden war, zu telefonieren. Sie hatten von nun an die Wahl. Mehr als zwei Jahrzehnte später zeigt sich: Der ehemalige Monopolist ist noch immer sehr erfolgreich und dominant.
Die Liberalisierung des Schweizer Telekommarktes
Auch die Swisscom ist mittlerweile 25 Jahre alt. Nachdem sie aus der Telecom PTT entstanden war, folgte 1998 der Börsengang. Damals gab es hierzulange lediglich ein Mobilfunknetz: das Natel-D-Netz der ehemaligen Telecom PTT. Nach der Liberalisierung änderte sich die Situation, es sollte Wettbewerb entstehen - sowohl im Festnetzbereich als auch bei den Mobilfunkanbietern. Hier gab es anschliessend drei Anbieter: Diax, das später mit Sunrise zur TDC Switzerland AG fusionierte und 1998 ans Netz ging, bevor es seit 2010 wieder als Sunrise tätig ist; Orange, heute Salt, seit Juni 1999 sowie die Swisscom. Das Ziel: bessere Angebote, erschwingliche Preise.
25 Jahre Swisscom
Die Ausgangssituation für Swisscom damals war vorteilhaft. Das Unternehmen verfügte über das nationale Kupferkabelnetz sowie das erste Mobilfunknetz der Telecom PTT, wie die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) anmerkt. Viele Schweizer besassen bereits ein Handy und waren Swisscom-Kunden, wodurch für Mitbewerber im Wesentlichen nur noch Neukunden übrig waren, erinnert Marc Furrer, heutiger Verwaltungsratspräsident von Salt, nachdem er zuvor bereits für das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) sowie die Eidgenössische Kommunikationskommission (Comcom) tätig war.
Furrer zufolge sei die Öffnung in der Schweiz zu langsam gewesen: "Wir haben den Fehler gemacht, dass wir nicht schon 1992 den ganzen Markt geöffnet haben". Auch heute noch gehöre die Mehrheit der Swisscom nach wie vor dem Bund, der seit dem Börsengang 51 Prozent der Anteile hält. "Durch die langsame und unvollständige Liberalisierung ist der Marktanteil der Swisscom nach wie vor zu gross", zitiert die NZZ Furrer.
SVP-Nationalrat Werner Vetterli hatte die PTT bei der Diskussion zur Revision des Fernmeldegesetzes im Jahr 1996 als "unser Huhn, das für den Bund und damit für jedermann goldene oder wenigstens silberne Eier legt und auch in Zukunft legen soll" bezeichnet. Und tatsächlich: Der Bund erhält jährlich durch seine Swisscom-Beteiligung eine Dividende von über 500 Millionen Franken.
Swissom nach wie vor stark
"Die Swisscom hat ihre Marktmacht oft genutzt, um die Wettbewerbsdynamik zu bremsen", betont derweil Rolf Ziebold, Mediensprecher bei Sunrise. Wie die NZZ seine Meinung wiedergibt, sei die Swissom bei technologischen Innovationen häufig nicht selbst Vorreiter gewesen, stattdessen habe sie "zunächst beobachtet, was die kleineren Wettbewerber tun. Und wenn diese Erfolg hatten, bremste sie diese mit ihrer Marktmacht aus". "Kleine Internetprovider öffneten den Markt, doch dann kam die Swisscom und wurde zum grössten Anbieter", schrieb derweil die Comcom in ihrem Tätigkeitsbericht von 2004.
Letztlich habe die Swisscom ihre historischen Vorteile als einstige Monopolanbieterin besser nutzen können als ausländische Pendants. "Das ist der einzige Grund, warum sich die Swisscom besser geschlagen hat als andere Ex-Monopolisten in Europa. In Europa war der Wille da, den Markt zu liberalisieren und den Wettbewerb zu spielen", merkte Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), zum 20-jährigen Jubiläum der Liberalisierung an. Während die EU ihre gesetzlichen Vorgaben immer wieder angepasst habe, habe man in der Schweiz hingegen ein Fernmeldegesetz verfasst, das ein Swisscom-Gesetz gewesen sei, wie SWI swissinfo.ch die Einschätzung Stalders wiedergibt. "Hauptgrund für den Erfolg der Swisscom ist, dass der Schweizer Regulator nicht so forsch vorgegangen ist wie in anderen Ländern, beispielsweise in der EU. Dort hat man die Ex-Monopolisten gezwungen, sich viel schneller anzupassen", hatte auch Telekomanalyst Panagitios Spiliopoulos von der Bank Vontobel gesagt.
Schweiz bei Ausbau, aber auch bei Preisen weit vorne
Der Ausbau selbst ist in der Schweiz sehr gut, jedoch ist nicht alles so rosig. "In der Schweiz ist es heute fast nicht möglich, eine schlechte Netzqualität zu erhalten, egal, welchen Anbieter man wählt", betont auch Ziebold. Aber: Bei den Preisen für Festnetz und Mobilfunk schneidet die Schweiz im OECD-Vergleich schlecht ab, wie auch die NZZ festhält. Der Anteil der Ausgaben, den Schweizerinnen und Schweizer monatlich für Telekommunikation aufwenden, habe sich laut dem Landesindex für Konsumentenpreise in den vergangenen 25 Jahren kaum verändert, heisst es dort. Die Anbieter profitieren, denn die Schweizer seien diesbezüglich faul und tolerierten die hohen Kosten über lange Zeiträume. "Untersuchungen haben gezeigt: In Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Grossbritannien liegt die Preisdifferenz, bei der Kunden den Anbieter wechseln, bei fünf bis zehn Prozent. In der Schweiz hingegen fangen die Kunden erst bei einer Differenz von 30 Prozent an, überhaupt über einen Wechsel nachzudenken", zitiert die NZZ Ziebold. "Im europäischen Vergleich sind die Preise für Telecomdienste in der Schweiz immer noch zu hoch", betont auch Comcom-Präsident Stephan Netzle. "Die Liberalisierung des Telekommarktes ist kein Prunkstück, keine Meisterleistung, sondern das Ergebnis politischer Kompromisse. Sie war schlicht eine Notwendigkeit", merkt daneben Furrer an. Für die Swisscom habe es sich ausgezahlt. Die Erfahrung zeige, "dass jene falschlagen, die aufgrund der Marktöffnung den Niedergang der Swisscom befürchteten", heisst es im Tätigkeitsbericht der Comcom.
"Man weiss natürlich nicht, wie die Situation heute wäre, wenn der Telekomsektor staatlich geblieben wäre", zitiert die NZZ André Bähler, Leiter Politik und Wirtschaft beim Konsumentenschutz. Daher sei es schwierig zu sagen, was die Liberalisierung genau gebracht habe. "Die Kunden haben heute eine grosse Auswahl an Anbietern und Paketen, und das technische Niveau ist grundsätzlich sehr gut." Dem Preiswettbewerb gegenüber ist Bähler allerdings ebenfalls kritisch eingestellt: "Die Swisscom kann es sich leisten, die Preise hoch zu halten und mit Billigmarken und Kooperationen wie Wingo und M-Budget im Tiefpreis-Segment mitzumischen. Dies, weil sie von Beginn an einen enormen Startvorteil hatte".
Redaktion finanzen.ch
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