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Vorwürfe zurückgewiesen 17.12.2020 17:55:40

Wirecard-Aktie schliesst deutlich stärker: Insolvenzverwalter verkauft südafrikanische Wirecard-Tochter - Parlamentarier kritisieren Guttenberg-Aussage

Wirecard-Aktie schliesst deutlich stärker: Insolvenzverwalter verkauft südafrikanische Wirecard-Tochter - Parlamentarier kritisieren Guttenberg-Aussage

Die Zerschlagung des Skandalkonzerns Wirecard schreitet voran.

Wirecard
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Insolvenzverwalter Michael Jaffé meldete am Donnerstag den Verkauf der südafrikanischen Tochtergesellschaft Wirecard Solutions South Africa an den dortigen Zahlungsdienstleister Adumo. Den Kaufpreis nannte Jaffé nicht, der Anwalt sprach lediglich von einem "sehr guten Ergebnis für die Gläubiger".

An Wirecard South Africa gab es laut Insolvenzverwalter Interesse auch internationaler Investoren, weil die Gesellschaft ihre eigene technische Plattform für die Abwicklung elektronischer Bezahlvorgänge hat. Adumo ist ein in 13 afrikanischen Ländern tätiges Unternehmen, das nach eigenen Angaben jährlich Zahlungen in Höhe von umgerechnet etwa 36 Milliarden Euro abwickelt.

Zuvor hatte Jaffé mit dem Verkauf von Wirecard-Tochtergesellschaften und Know-how etwa eine halbe Milliarde Euro erlöst. Damit hatte der Insolvenzverwalter die Erwartungen mancher Gläubigeranwälte schon vor dem Südafrika-Deal übertroffen.

Der Schuldenberg, den der in Untersuchungshaft sitzende frühere Vorstandschef Markus Braun und seine mutmasslichen Komplizen hinterlassen haben, ist jedoch weitaus höher. Nach Berechnungen der Münchner Staatsanwaltschaft haben Banken und Investoren mutmasslich mehr als drei Milliarden Euro verloren. Mittlerweile haben Gläubiger und Aktionäre im Insolvenzverfahren Forderungen in zweistelliger Milliardenhöhe angemeldet.

Abgesehen davon will Jaffé auch die mutmasslich betrügerischen Wirecard-Bilanzen gerichtlich annullieren lassen. Das sagte ein Sprecher Jaffés, zuvor hatte das "Handelsblatt" berichtet. Die Korrektur falscher Bilanzen ist bei Insolvenzen nach Betrugsfällen das übliches Vorgehen.

Guttenberg: Wirecard-Betrug war "einfach nicht vorstellbar"

Der frühere Bundesminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat im Wirecard-Untersuchungsausschuss Vorwürfe zurückgewiesen, mit seinem Beratungsunternehmen Spitzberg Partners frühzeitig Kenntnis von den Betrugsvorgängen bei dem Finanzdienstleister gehabt zu haben. "Hätten wir gewusst, dass das Geschäftsmodell von Wirecard offenbar auf Betrug basierte, hätten wir dieses DAX-Unternehmen niemals beraten", sagte der ehemalige Wirtschafts- und frühere Verteidigungsminister.

"Ich staune, wenn ich höre, mein Team oder ich hätten (dies) schon zu einem viel früheren Zeitpunkt wissen müssen", sagte er. "Das entbehrt jeder Grundlage." Er habe "zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise Zugang zu Indizien" für Betrug oder Geldwäsche gehabt und sei von den Vorgängen "vollkommen überrascht" worden. "Einen solchen Betrug konnte man als Geschäftspartner... nicht erahnen", erklärte er. "Das war einfach nicht vorstellbar."

In dem Ausschuss rückt damit verstärkt die Rolle der Politik in dem Skandal um den Zahlungsdienstleister ins Zentrum. Dabei geht es besonders um die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen des Engagements für Wirecard bei einer China-Reise im Herbst 2019. Im Zentrum steht aber auch das Agieren von Finanzstaatssekretär Wolfgang Schmidt, der sich im Juni 2019 in Peking für Wirecard einsetzte.

Frage nach den Geldflüssen

Abgeordnete hatten direkt vor der Ausschusssitzung die Bedeutung der Vernehmung Guttenbergs für die Wirecard-Untersuchung betont. Dieser sei "Dreh- und Angelpunkt, um Muster darzulegen", sagte der Ausschussvorsitzende Kay Gottschalk (AfD) am Rande der Sitzung. Es gehe um die Beachtung von Compliance-Regeln. "Uns geht es vor allem um das Thema, wie welche Berater gewirkt haben", sagte der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer. FDP-Finanzsprecher Florian Toncar stellte in den Mittelpunkt, "wie die Geldflüsse gelaufen sind". Linke-Fraktionsvize Fabio De Masi nannte das Agieren der politisch Verantwortlichen "hoch fragwürdig".

Guttenberg ist einer von sieben Zeugen in der Sitzung. Er hatte als Berater mit seiner Firma vor Merkels Reise im Kanzleramt zugunsten von Wirecard antichambriert. Geladen sind unter anderem auch Hamburgs früherer Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU), Merkels Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller und Finanzstaatssekretär Schmidt.

Der Spiegel hatte unter Berufung auf Unterlagen des Untersuchungsausschusses berichtet, die Bundesregierung habe sich deutlich umfassender für den Markteintritt von Wirecard in China eingesetzt als bislang bekannt. Hintergrund ist das damalige Vorhaben von Wirecard, den Zahlungsdiensteanbieter Allscore zu erwerben, das zwei Monate nach Merkels Besuch umgesetzt wurde.

Bei dem damaligen DAX-Unternehmen Wirecard waren im Juni Luftbuchungen von fast 2 Milliarden Euro öffentlich geworden, es befindet sich mittlerweile in einem Insolvenzverfahren. Ex-Wirecard-Chef Markus Braun sitzt inzwischen in Haft, Ex-Vorstandsmitglied Jan Marsalek ist flüchtig. Braun hatte bei seiner Vernehmung in dem Ausschuss die Antwort auf Fragen der Abgeordneten im Wesentlichen verweigert.

Parlamentarier üben Kritik nach Guttenbergs Wirecard-Aussage

Mitglieder des Wirecard-Untersuchungsausschusses haben nach der Vernehmung von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zum Teil scharfe Kritik an dessen Aussagen und an der Rolle der Regierung in dem Skandal um den mittlerweile insolventen Finanzdienstleister geübt. "Der ehemalige CSU-Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich heute im Untersuchungsausschuss als Opfer des Wirecard-Märchens präsentiert", sagte der Obmann der SPD-Fraktion in dem Ausschuss, Jens Zimmermann. Auch er habe auf die uneingeschränkten Testate der Wirtschaftsprüfer vertraut.

"Seine Darstellung des Kontakts zur Kanzlerin mutete geradezu bizarr an", meinte Zimmermann. Derartige Aktivitäten seien ausdrücklich nicht Bestandteil seines Beratungsvertrags gewesen. Gleichwohl sei dieser Lobbyismus für den Eintritt in den chinesischen Markt unerlässlich gewesen. "Für diesen finanziell sehr lukrativen Lobbyismus hat Herr zu Guttenberg jedenfalls seine offenbar immer noch exzellenten Kontakte zur Bundeskanzlerin genutzt", kritisierte er.

Auf die Frage, warum er ausgerechnet im Frühjahr 2020 einen Namensartikel zum Thema Leerverkäufe veröffentlicht habe, während er gleichzeitig in die Beratung zur Öffentlichkeitsarbeit Wirecards eingebunden war, sei Guttenberg eine überzeugende Antwort schuldig geblieben. "Wer sich mit diesem Skandal gründlich befasst, glaubt eher nicht mehr an Zufälle", meinte Grünen-Obmann Danyal Bayaz dazu.

Es passe zum "Feldzug" des Wirecard-Vorstandes und leider auch der Finanzaufsicht Bafin gegen Leerverkäufer, dass Guttenberg wenige Wochen vor der geplanten Veröffentlichung der KPMG-Sonderuntersuchung bei Wirecard ein Plädoyer für ein generelles Leerverkaufsverbot veröffentlicht habe. Guttenberg habe "als ehemaliger Minister mit exklusiven Kontakten subtilen und effektiven Lobbyismus für Wirecard betrieben".

Selbst kritische Stimmen ignoriert

Die gesamten Umstände werfen nach seiner Überzeugung "kein gutes Licht auf die Regierungspraxis" und die Verlässlichkeit ihrer Urteile. "Offenbar war man derart eingenommen von der angeblichen Erfolgsgeschichte eines DAX-Konzerns, dass man selbst kritische Stimmen im Kanzleramt ignoriert hat." Der Ausschussvorsitzende Kay Gottschalk (AfD) forderte über den Kurznachrichtendienst Twitter: "Das Kanzleramt braucht eine Protokollpflicht."

Guttenberg hatte bei seiner rund fünfeinhalbstündigen Vernehmung in dem Ausschuss bestritten, mit seiner Beratungsfirma Spitzberg Partners frühzeitig Kenntnis von den Betrugsvorgängen gehabt zu haben, und sich als Opfer einer Irreführung dargestellt. "Wirecard hat uns alle getäuscht", betonte er. "Hätten wir gewusst, dass das Geschäftsmodell von Wirecard offenbar auf Betrug basierte, hätten wir dieses DAX-Unternehmen niemals beraten." Er habe "zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise Zugang zu Indizien" für Bilanzbetrug oder Geldwäsche gehabt und sei von den Vorgängen "vollkommen überrascht" worden. "Das war einfach nicht vorstellbar", sagte Guttenberg.

In dem Ausschuss rückt verstärkt die Rolle der Politik in dem Skandal um den Zahlungsdienstleister ins Zentrum, bei dem im Juni Luftbuchungen von fast 2 Milliarden Euro öffentlich geworden waren. Dabei geht es besonders um die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen des Engagements für Wirecard bei einer China-Reise im Herbst 2019. Guttenberg hatte zuvor als Berater mit seiner Firma vor Merkels Reise im Kanzleramt zugunsten von Wirecard antichambriert.

Bei der Ausschussanhörung charakterisierte der frühere Minister sein Treffen mit Merkel am 3. September 2019 als "sehr persönlichen" Austausch unter vier Augen über verschiedene Themen. Nachdem Merkel China erwähnt habe, habe er betont, dass ein Hinweis Merkels zu dem geplanten Markteintritt "für den Genehmigungsprozess sicherlich hilfreich sein" würde. Die Frage, gegenüber welchem Gesprächspartner Merkel Wirecard letztlich bei ihrer China-Reise erwähnt habe, konnte Guttenberg nicht beantworten.

Via XETRA kletterte die Wirecard-Aktie um 5,14 Prozent auf einen Schlusskurs von 0,4419 Euro.

BERLIN (Dow Jones) / (awp international)

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Bildquelle: Anton Garin / Shutterstock.com,Wirecard

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