"Grüne Blase" |
09.10.2021 23:28:00
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Bank für Internationalen Zahlungsausgleich warnt vor Blase bei grünen Assets
Grüne Anlagen liegen im Trend. Laut eines Berichts der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) besteht allerdings das Risiko, dass sich in diesem Bereich eine Blase gebildet hat. Was steckt wirklich hinter den nachhaltigen Assets?
• BIZ warnt vor "grüner Blase"
• Greenwashing und unklare Zusammensetzung
Thema Nachhaltigkeit in aller Munde
Das Thema Nachhaltigkeit bestimmt besonders in Zeiten des Klimawandels und Naturkatastrophen, wie man sie etwa im Sommer in Form der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfahlen auch in Deutschland sehen konnte, immer mehr die öffentliche Diskussion. Mit den ESG-Kriterien, die die Bereiche Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) abdecken, kann Nachhaltigkeit auch eingeordnet werden. Unter dem Kürzel SRI (Socially Responsible Investment) werden ausserdem sozial verantwortliche Investitionen definiert.
Dementsprechend hat der Trend nun auch den Aktienmarkt erreicht. Nicht nur können Unternehmensanteile von Firmen, die ihr Kerngeschäft auf Umweltfreundlichkeit ausgerichtet haben, direkt an der Börse gehandelt werden, auch werden immer mehr "grüne" Fonds angeboten. Diese wurden entweder mit den ESG- oder SRI-Kürzeln vermerkt oder mit Zusätzen versehen, die bestimmte Branchen wie Waffenproduktion, Tabakanbau, Glücksspiel oder Alkoholproduktion ausschliessen, wie die UmweltBank dazu schreibt. Zu den prominenteren, als nachhaltig geltenden Aktien, die oftmals auch den Weg in grüne Fonds finden, gehören etwa der Produzent von grünem Wasserstoff NEL ASA, der Pflanzendrink-Hersteller und Börsenneuling Oatly sowie der E-Autobauer Tesla.
Nachfrage nach grünen Anlagen nimmt zu
Der Markt nimmt die Assets gut an: ESG-orientierte Anlagen haben laut der Nachrichtenagentur Reuters einen Wert von 35 Billionen US-Dollar erreicht. Damit entsprechen die grünen Assets mehr als einem Drittel aller professionell verwalteten Anlagen. Lege man den Fokus ausschliesslich auf ESG- oder SRI-Fonds, könne man ein zehnfaches Wachstum auf etwa 2 Billionen US-Dollar erkennen, so Reuters weiter. Besonders Aktien aus den Bereichen saubere Energie und Elektroautos, aber auch nachhaltige Anleihen, seien von einem starken Zuwachs betroffen.
Blase bei umweltfreundlichen Anlagen?
Laut einem Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) könnten sich die Bewertungen im Bereich der grünen Assets aber bereits zu einer Blase aufgebläht haben. "Es gibt Anzeichen dafür, dass die Bewertungen von ESG-Vermögenswerten überzogen sein könnten", schreiben Sirio Aramonte und Anna Zabai von der Organisation in ihrem jüngsten Quartalsbericht. "Selbst nach einem Rückgang von ihrem Höchststand im Januar 2021 liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Unternehmen aus dem Bereich der sauberen Energien immer noch deutlich über dem von bereits hoch bewerteten Wachstumswerten [...]. Die hohen Bewertungen auf den Kreditmärkten wären angesichts des Potenzials für Zahlungsausfälle relevanter für die Bewertung möglicher Risiken einer finanziellen Notlage."
Auch Claudio Borio, der bei der BIZ die Währungs- und Wirtschaftsabteilung leitet, sieht die Gefahr einer "grünen Blase", wie Reuters weiter berichtet. So erinnere der sprunghafte Anstieg von nachhaltigen ETFs und anderen grünen Fonds an ein Marktumfeld, das vor der globalen Finanzkrise geherrscht habe. "Man könnte zu schnell zu viel des Guten haben", warnt Borio. "Wir wissen, dass die Bewertungen ziemlich hoch sind".
Nachfrageverschiebung kann auf Blase hindeuten
Eine solche Verschiebung der Anlegernachfrage bringe auch immer Risiken mit sich, wie auch die Dotcom-Blase in den 2000er Jahren gezeigt habe. Bevor die Blase platzte, wurden Internet-Aktien aufgrund von hohen Bewertungen immer teurer gehandelt. Auch den Eisenbahnboom um 1800 nennt Borio als Beispiel für eine solche Verschiebung der Nachfrage.
"Wenn der Markt weiterhin in dem derzeitigen Tempo wächst und immer ausgefeiltere Instrumente entstehen (z. B. strukturierte Produkte), wird es nicht nur wichtig sein, die Vorteile der Finanzierung des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Welt zu bewerten, sondern auch die finanziellen Risiken zu ermitteln und zu steuern, die sich aus einer Umschichtung in den Portfolios der Anleger ergeben könnten", so Aramonete und Zabai weiter. "Die weit verbreitete Suche nach Rendite, die auf den Finanzmärkten im Gange ist, macht eine solche Untersuchung noch nützlicher. Ein Vorgehen in diese Richtung würde die Erhebung angemessener Daten über Inhaber und Engagements erfordern, mit besonderem Augenmerk auf diejenigen, die fremdfinanziert sind und sich in den weniger transparenten Segmenten des Finanzsystems befinden können."
Warnung vor Greenwashing
Besonders riskant könnte für Anleger das sogenannte "Greenwashing" sein, wie Borio laut Reuters ausführt. Der Begriff bezeichnet Marketingmassnahmen von Unternehmen, mittels derer sich diese bei Themen wie Nachhaltigkeit und Recycling als besonders engagiert zeigen, auch wenn hierfür oftmals die Grundlage fehlt. Als Beispiel dafür nennt die "Zeit" etwa dass die US-amerikanische Fast-Food-Kette McDonald’s ihr Logo kürzlich von Rot in Grün umfärbte, um zu suggerieren, besonders auf die Umwelt zu achten, gleichzeitig aber nur langsam die Abkehr von billigem Fleisch aus Massentierhaltung, Zusatzstoffen und Verpackungsmüll umsetzt. Laut Borio könnten solche scheinbaren Bemühungen den Aktienkursen der Unternehmen auf die Sprünge helfen. Sollte aber an die Öffentlichkeit gelangen, dass nichts ausser heisser Luft dahintersteckt, könnten die Kurse stark einbrechen.
ETFs oftmals irreführend zusammengesetzt
Auch die UmweltBank rät Anlegern dazu, bei der Auswahl eines grünen ETFs ganz genau hinzuschauen. So sei für nachhaltige Investoren nicht nur wichtig, welche Unternehmen abgebildet werden, sondern auch wer den Fonds eigentlich anbietet. So wirbt der iShares Dow Jones Global Sustainability Screened UCITS ETF etwa damit, "die Nachbildung der Wertentwicklung eines Index […], der aus Unternehmen weltweit besteht, die im Bereich der Nachhaltigkeit führend sind", anzustreben, neben einigen umstrittenen Atomkonzernen befinden sich darin aber auch Anteile des Schweizer Nahrungsmittelkonzerns Nestlé, der laut dem Handelsblatt immer wieder in der Kritik der Umweltschützer steht. "ETFs können aus unserer Sicht - zumindest bislang - keine wirklich grüne Geldanlage bieten", fasst UmweltBank-Fondsexperte Laurenz Fuchs das derzeitige Angebot zusammen. "Die grüne ETF-Werbung verspricht viel, ein genauer Blick in die ETFs ist aber enttäuschend. Es lohnt sich einmal mehr beim Thema grünes Geld ganz genau hin zu schauen, gemäss dem Motto erst informieren, dann investieren!" Als Alternative nennt Fuchs sogenannte Umweltfonds, die auf Basis von eindeutigen und transparent kommunizierten Kriterien zusammengestellt werden.
Dass Regulierungsbehörden im Bereich der grünen Anlagen noch nicht durchgreifen, sieht Borio darin begründet, dass sich der Handel hier hauptsächlich auf Märkte beschränke, die eher weniger systemrelevant seien. So seien etwa ESG-Anleihen aktuell nur in etwa einem Prozent aller Anleihenportfolios vertreten - sowohl in den USA als auch in Europa.
Redaktion finanzen.ch
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