Wie lang hält die Rally? |
03.04.2022 16:27:00
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Energiesektor mit Outperformance gegenüber S&P 500 - So könnte es weitergehen
Der Energy Sector war im laufenden Jahr mit Abstand der stärkste Sektor im breiten US-Aktienindex S&P 500. Dank hoher Energiepreise ist mittelfristig mit einer Fortsetzung der Rally zu rechnen. Doch langfristig könnte der Kursanstieg der Energiebranche ausgebremst werden.
• Die US-Ölunternehmen sind dennoch weiterhin günstig bewertet
• Langfristige Wachstumsaussichten fehlen
Totgesagte leben länger: Im April 2020, mitten im Corona-Schock, fielen die Preise der Futures auf WTI Rohöl zeitweise auf unter 0 US-Dollar pro Barrel (etwa 159 Liter). Kaum ein Investor war zu diesem Zeitpunkt scharf auf die Papiere von Öl-Unternehmen, die infolgedessen nach unten rauschten. Seitdem folgte eine phänomenale Aufholjagd: Die meisten Öl-Unternehmen konnten ihren Wert nicht nur verdoppeln, sondern sogar vervielfachen. In seiner MarketWatch-Kolumne "Deep Dive" nimmt Philip van Doorn die bisherige Performance sowie die Fundamentaldaten des Energiesektors genauer unter die Lupe.
Energieaktien im laufenden Jahr deutlich stärker als der Gesamtmarkt
Aktien aus der Energiebranche gelten als guter Schutz gegen Inflation: Die Nachfrage nach Energie nimmt durch die Geldentwertung kaum ab, die Energieunternehmen können die höheren Preise direkt an die Kunden weitergeben und Aktionäre erfreuen sich auch in Inflationszeiten an hohen Dividendenrenditen. Einen weiteren Schub erlebten die Energie-Aktien durch den rasanten Anstieg des Rohölpreises auf zeitweise über 120 US-Dollar pro Barrel im Zuge der westlichen Sanktionen gegen das grosse Öl-Exportland Russland. John Butters von FactSet zufolge rechnen Analysten 2022 dank der hohen Öl- und Gaspreise mit einem Umsatzwachstum von durchschnittlich 65 Prozent für die US-Energieunternehmen. Die gute Lage der Energiebranche spiegelt sich unmittelbar in der Performance der Aktien wider. Grosse Öl-Unternehmen aus den USA wie der Buffett-Liebling Occidental Petroleum, aber auch Chevron, ExxonMobil oder Marathon Oil erlebten kürzlich eine beeindruckende Kursrally. Insgesamt liegt der Bereich "Energy Sector" im S&P 500 im laufenden Jahr mit 22,09 Prozent im Plus (Stand: 31. März 2022), wohingegen der breite amerikanische Leitindex um 3,44 Prozent an Wert verlor. Aber kann der Energiesektor seine Outperformance auch im weiteren Verlauf des Jahres aufrechterhalten?
Chance: Kurs-Gewinn-Verhältnis trotz Rally gering
Was für eine weitere Outperformance der 21 Unternehmen im Energy-Sektor spricht, ist die weiterhin niedrige Bewertung der Unternehmen. Genauer gesagt liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Energiesektors nach Daten von FactSet liegt Ende März mit etwa 11 weiterhin deutlich unter dem Durchschnitt der 500 grössten Unternehmen in den USA, die an der Börse im Schnitt mit ungefähr dem 20-fachen ihrer Gewinne bewertet werden, so van Doorn. Besonders hoch sind die Bewertungen insbesondere im Sektor "Consumer Discretionary", dem auch Amazonund Tesla angehören, und im Bereich der "Information Technology".
Zwar liegen die Bewertungen der Energieunternehmen aus dem S&P 500 zu 141 Prozent höher als im Fünf-Jahres-Durchschnitt, aber die Bewertungen dieses Sektors betragen dennoch nur 60 Prozent des gesamten Index, betont van Doorn. Im Vergleich zu den anderen zehn Sektoren des S&P 500 ist der Energiebereich also weiterhin der günstigste.
Problem: Zukünftiges Wachstum der Energiebranche begrenzt
Was den Siegeszug der Energiebranche am US-amerikanischen Kapitalmarkt allerdings langfristig ausbremsen könnte, sind die vergleichsweise mässigen Zukunftsaussichten. Konkreter: Die meisten Öl- und Gasunternehmen wachsen nicht mehr. Laut FactSet-Daten soll der Umsatz der Energieunternehmen in den kommenden zwei Jahren um 1,6 Prozent, der Gewinn sogar um 4 Prozent sinken - die Durchschnittswerte für den S&P 500 liegen hier bei plus 5,7 respektive plus 10,5 Prozent.
Zwar kann sich die Gewinnmarge der Ölunternehmen in Zeiten hoher Ölpreise - wie es derzeit der Fall ist - enorm erhöhen. Dies kann sich aber bei wieder niedrigeren Energiepreisen rasch wieder umkehren. Zudem bietet der Energiesektor insgesamt wenig Wachstumsfantasie. Deshalb ist die geringe Bewertung der Öl-Unternehmen auch mit Vorsicht zu geniessen, denn die Aktionäre kalkulieren kein Wachstum ein, das das KGV langfristig verringern würde. Dieser Vorgang konnte bei Technologie-Aktien wie Amazon oder Microsoft in den vergangenen Jahren beobachtet werden: Zwar waren diese Aktien stets sehr teuer, die starken Unternehmenszahlen konnten diese hohen Bewertungen jedoch immer wieder bestätigen - oder sogar übertreffen. Die Folge: Die Performance des Technologie-Sektors liess den breiten Markt weit hinter sich. Es wird derzeit viel darüber diskutiert, ob angesichts der höheren Zinsen und der weiterhin hohen Bewertungen vieler Tech-Titel nun eine grosse Trendwende hin zu Value-Aktien erfolge. Zwar bestätigte sich diese These in den vergangenen Monaten auf eindrucksvolle Weise, doch ist es zweifelhaft, ob diese Branchenrotation weiterhin mit einer solchen Dynamik abläuft. Denn die Technologie-Aktien dürften auch zukünftig in puncto Wachstum die Energie-Aktien hinter sich lassen.
Fazit: Investition in Energiesektor weiterhin gewinnbringend?
Insgesamt erscheint eine Investition in den Energiesektor lohnenswert: Die Unternehmen sind immer noch deutlich günstiger als der breite Gesamtmarkt, sie profitieren enorm von den hohen Energiepreisen und sorgen für stabile Dividendenausschüttungen. Die Energie-Aktien können somit vor allem in Inflationszeiten weiterhin als Fels in der Brandung, als Absicherung gegen eine hohe Volatilität betrachtet werden. Während die Gewinnerwartungen vieler Unternehmen im S&P 500 heruntergestuft wurden, erwarten Analysten für die Energieunternehmen in diesem Jahr hohe Steigerungen.
Allerdings müssen sich die Anleger angesichts der begrenzten langfristigen Wachstumsaussichten des Energiesektors dessen bewusst sein, dass die Bäume hier nicht in den Himmel wachsen: Zwar ist es weiterhin gut möglich, dass die Energiebranche seine Hausse fortsetzt. Aber langfristig sind andere Sektoren womöglich in einer besseren Position, da die Analysten den Energieunternehmen kaum langfristige Wachstumschancen einräumen. Darüber hinaus ist die Performance der Ölunternehmen in hohem Masse von den zukünftigen Ölpreisen abhängig.
Redaktion finanzen.ch
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