Gewinne mitgenommen |
25.04.2021 16:05:00
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Jim Cramer wird vorsichtig und zieht Geld aus seiner Stiftung ab - Diese Faktoren beunruhigen ihn
Der Börsenexperte Jim Cramer hat vor dem offiziellen Start der Berichtssaison einen sechsstelligen Anlagebetrag aus dem Markt abgezogen. Dafür nennt er sieben Gründe.
• Sorge um sieben Punkte, die die Marktentwicklung beeinflussen könnten
• Bereit, wenn die Bären das Ruder übernehmen
"Ich bin kein Bär", stellte der ehemalige Hedgefondsmanager Jim Cramer kürzlich in einem Beitrag bei The Street klar. Dennoch hat der Investor einen Teil seiner Beteiligungen seiner gemeinnützigen Stiftung vor dem Start der Berichtssaison in den USA abgestoßen. Dabei listete er sieben Probleme auf, die ihm in der aktuellen Marktlage Sorgenfalten auf die Stirn treiben. "Dieser Markt kann ein oder sogar zwei dieser potenziellen Probleme bewältigen, aber nicht alle", betonte der Experte, der offenbar mit Gegenwind für die Börsen rechnet.
Zahlen der Banken
Als ersten Grund nannte er die Berichtssaison, insbesondere die Zahlenvorlage der großen Bankhäuser. Die Bankaktien seien so stark gestiegen, dass ihre Ergebnisse in der Berichtssaison schon nahezu perfekt sein müssten, so Cramer. Tatsächlich konnten die Wall Street-Banken diese Sorge von Cramer teilweise entkräften. Morgan Stanley hat Rekordzahlen vorgelegt, auch JPMorgan, Goldman Sachs und Citigroup profitierten von einem florierenden Kapitalmarktgeschäft und bauten ihre Gewinne aus. Der Bankensektor konnte die ohnehin bereits hohen Erwartungen damit übertreffen und insbesondere mit einer starken Ergebnisentwicklung punkten.
Im Vorteil sieht Cramer die Finanzhäuser bei zwei wichtigen Punkten: Der Zinsstrukturkurve und der Tatsache, dass Bankaktien noch vergleichsweise günstig zu haben sind: Dies seien zwar gute Gründe, die Aktien zu besitzen, "aber sind sie ein guter Grund, die Aktien zu kaufen?", fragt der Experte auf "TheStreet".
Inflation
Auch die mögliche Inflationsentwicklung sei einer der Gründe dafür, dass Cramer Geld aus dem Markt abgezogen habe. Er selbst stimme jedoch mit dem Chef der US-Notenbank überein, was dessen Beurteilung der Inflationslage angehe: "Ich denke, Jay Powell hat Recht, dass der derzeitige Inflationsanstieg vorübergehend ist", betonte Cramer.
Dabei nimmt er insbesondere Bezug auf die Ölpreisentwicklung, unter Ökonomen wird häufig ein Zusammenhang zwischen einem Ölpreis- und einem Inflationsanstieg hergestellt und Cramer selbst hält den Preis für das schwarze Gold aktuell für künstlich hoch. Der Ölpreis gehe weit über das hinaus, was die Fundamentaldaten rechtfertigen würden, was Saudi-Arabien unter Druck bringen könnte, fürchtet Cramer. Die Verantwortlichen könnten sich Sorgen machen, dass die US-Amerikaner angesichts der hohen Preise wieder vermehrt nach Öl bohren könnten, worauf Saudi-Arabien seinerseits mit einer verstärkten Ölproduktion reagieren könne, um die Preise wieder zu senken.
Damit könnte auch die Inflationsrate wieder sinken. "Vielleicht bin ich zu hoffnungsvoll in Bezug auf die Inflation, wenn ich Powell zustimme?", fragt Cramer allerdings und betont, er habe sich schon zuvor geirrt.
Unbegrenzte Versorgung mit Aktien
Mit Sorge blickt Cramer auf die scheinbare endlose Aktienschwemme an den Börsenparketts. Besonders im Blick hat der Experte nach zahlreichen IPOs und SPAC-Deals dabei insbesondere den kürzlich erfolgten Mega-Börsengang von Coinbase. Denn die starke Nachfrage nach Aktien der Kryptobörse ziehe Geld von anderen Anlagen ab. Hinzu komme, dass derzeit 37 Prozent der Techunternehmen unprofitabel seien, ihm fehle diesbezüglich die Disziplin, immerhin sei dies die höchste Zahl an unrentablen Techkonzernen seit dem Jahr 2000. "Unheilvoll" nennt der "TheStreet"-Gründer diese Punkte und fasst seine Sorgen mit den Worten zusammen: "Zu viel Angebot, zu viele Fragen, zu wenig Disziplin".
Zu unbesorgt wegen COVID-19
Überrascht zeigt sich Cramer darüber hinaus, wie unbesorgt viele Menschen inzwischen mit der Gefahr durch die COVID-19-Pandemie umgingen. "Soziale Distanzierung scheint der Vergangenheit anzugehören", merkt er an. "Wir tun so, als hätten wir dieses Ding unter Kontrolle, aber niemand scheint zu wissen, ob die Impfstoffe wirklich gegen alle möglichen neuen Virusvarianten wirken", zeigt er sich besorgt. Die Menschen seien müde, "wir sind alle müde und damit alle in Gefahr in Sachen Wachsamkeit nachzulassen", warnt Cramer weiter.
S&P Oszillator überkauft
Ein weiterer Grund, den Cramer für seinen Geldabzug aus dem Markt angibt, ist der "S&P Oszillator", den er für überkauft hält. Dieser gilt als kurzfristiges Maß für die aktuelle Marktstimmung, überschreitet dieser den Wert von 4, gilt der Markt als überkauft, ist er unter -4, sehen Anwender der Messgröße einen überverkauften Markt. Aktuell sei er noch unter 5, betont Cramer, "aber ich würde mich nach einem Lauf wie diesem wohler fühlen, wenn wir eher einen sanften Abstieg als einen Klippensprung haben könnten und je länger wir uns in diesem Bereich aufhalten, desto besorgter werde ich", schreibt er bei "TheStreet".
Chip-Engpässe
Der Halbleitermangel ist ein weiterer Punkt, der den ehemaligen Hedgefondsmanager skeptisch macht. Viele Hersteller könnten angesichts der Chipknappheit nichts tun, um die Produktion zu steigern. "Unternehmen wie Ford und GM können einfach nicht von der Nachfrage profitieren, weil es an Chips mangelt, und ich sehe nicht, dass es besser wird. Nicht in der Zeit, die benötigt wird, um das Ergebnis von 2022 zu verbessern", warnt Cramer. Zwar gebe es Fortschritte, aber man könne nicht einfach in ein paar Monaten ganze Fabriken errichten. Es gebe Engpässe im gesamten System, was insbesondere heimischen Unternehmen schlussendlich keine Alternative lasse, als die Produktion stillzulegen und Umsatzverluste hinzunehmen.
Außenpolitik
Als letzten Punkt auf der Liste der Dinge, die Cramer dazu veranlasst haben, Geld aus dem Markt zu nehmen, nennt er die Außenpolitik. "Wir haben einen neuen Präsidenten und es scheint, dass jeder, vom Iran über Nordkorea bis nach Russland und sogar China, seine Entschlossenheit testen möchte", schreibt er. Dass Joe Biden vor diesem Hintergrund gezwungen sein werde, eines Tages von einer "Achse des Bösen" zu sprechen, wie einst George W. Bush, hält Cramer nicht mehr für unwahrscheinlich. Am meisten Sorgen mache er sich in diesem Zusammenhang über China, wo man in Sachen Menschenrechte und Taiwan offenbar nicht einlenken möchte, dies sei für ihn ein "Brennpunkt", betont Cramer.
Summe der Punkte macht Cramer Sorgen
Alles in allem sei keiner der aufgelisteten Punkte geeignet, ihn nachts wach zu halten, "ich schlafe wie ein Baby, wenn ich schlafen kann". Allerdings betont Cramer, dass er diese Punkte dennoch für gut genug halte, um Gewinne mitzunehmen und das Geld für einen möglichen Ausverkauf am Markt zur Seite zu legen. "Warum also nicht ein wenig Geld sammeln und bereit sein, wenn man die Waage zugunsten der Bären kippt?"
Redaktion finanzen.ch
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