Gamesa belastet |
05.02.2020 17:47:36
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Siemens spürt Schwäche im Auto- und Maschinenbau - Siemens-Aktie dreht ins Plus
Die anhaltende Schwäche im Automobil- und Maschinenbausektor hat das Ergebnis des Technologiekonzerns Siemens auch zum Auftakt des Geschäftsjahres belastet.
Allerdings hat der Konzern immer noch sehr viele Bestellungen aus den vergangenen Quartalen abzuarbeiten, so dass der Auftragsbestand einen Rekordwert von 149 Milliarden Euro erreicht hat. Kaesers Vertrag als Vorstandsvorsitzender läuft zum Jahresende aus. Es wird also voraussichtlich seine letzte Hauptversammlung an der Siemens-Spitze sein. Als wahrscheinlichster Nachfolger gilt sein Vize Roland Busch.
Händlern zufolge ist das erste Quartal in den Industriegeschäften schwächer als erwartet ausgefallen, was die operative Entwicklung betrifft. Dabei hinterlasse wohl die derzeitige Schwäche im Auto- und Maschinenbau ihre Spuren, hiess es. Laut Analyst Wasi Rizvi entwickelt sich die Profitabilität in den Kerngeschäften damit weiter schwach. Als stark gewertete Auftragseingänge konnten vor diesen Hintergründen den Gesamteindruck bei den Anlegern nicht verbessern.
Auf der Hauptversammlung wird Kaeser sich aller Voraussicht nach sowohl von Umweltschützern als auch manchen Aktionärsvertretern scharfe Kritik anhören müssen. Mehrere Umweltschutz-Gruppen haben Proteste vor und in der Veranstaltung angekündigt. Dabei geht es hauptsächlich um die Lieferung einer Zugsignalanlage im Wert von rund 18 Millionen Euro für ein riesiges Kohlebergbauprojekt des Adani-Konzerns in Australien.
Kaeser zeigte sich am Mittwochmorgen verärgert über die Proteste. Es mute "schon fast grotesk an, dass wir durch ein Signaltechnikprojekt in Australien zur Zielscheibe doch zahlreicher Umweltaktivisten geworden sind", sagte er. Zudem betonte er, dass die Lieferung für die Mine "irrelevant" sei. Manche Investoren aber werfen Kaeser vor, dieses Streitthema durch widersprüchliche Botschaften selbst befeuert zu haben.
Den grössten unternehmerischen Handlungsbedarf sieht Kaeser im Energiegeschäft. Die Windenergie-Tochter Siemens Gamesa hatte im ersten Quartal rote Zahlen geschrieben. Siemens hatte am Dienstag angekündigt, die Anteile des Minderheitsaktionärs Iberdrola übernehmen zu wollen, mit dem es in der Vergangenheit immer wieder Streit gegeben hatte. Nun hofft Kaeser, dass "das Management wieder mehr Kapazität hat, sich mit der Verbesserung der Ertragskraft näher zu befassen".
3 von 4 Siemens-Geschäften unter dem Margenkorridor
Bei Siemens haben drei der vier Konzernbereiche im ersten Quartal 2019/20 den jeweiligen Zielkorridor bei der Marge nicht erreicht. Lediglich die Eisenbahntechnik erfüllte mit 10 Prozent (minus 90 Basispunkte) die Renditeerwartungen. Das Aushängeschild Industrieautomatisierung blieb mit 14,4 Prozent (minus 620 Basispunkte) unter der Vorgabe. Hier schlugen jedoch unter anderem Kosten für Personalabbau von 115 Millionen Euro zu Buche, wie Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas bei Vorstellung der Zwischenbilanz erläuterte. Sie kosteten 3 Prozentpunkte Marge. Zudem belasteten aber schwache Geschäfte mit den kurzzyklischen Branchen Auto und Maschinenbau das Ergebnis, vor allem in Deutschland. Steigende Auftragseingänge in den USA deuten jedoch bereits eine Erholung an.
In der Energiesparte fiel die angepasste EBITA-Marge weiter bis auf 1,4 Prozent (minus 240 Basispunkte). Dafür sei ein ungünstiger Business Mix ebenso wie die Vorbereitungen zur Aufstellung des Bereichs als selbstständiges Unternehmen verantwortlich, sagte Thomas. Siemens Energy soll im September an die Börse gebracht werden.
Eine Verbesserung zeigte sich nur im Bereich Smart Infrastructure mit der Gebäudetechnik mit 8 Prozent (plus 160 Basispunkte). Der Bereich komme bei der Profitabilität gut voran. In den kommenden Quartalen seien allerdings steigende Restrukturierungskosten zu erwarten.
Ein in ersten Reaktion schwach eingeschätztes Quartal hat am Mittwoch die Aktien von Siemens am Vormittag belastet. Sie fielen auf der Handelsplattform XETRA im frühen Handel um 1,06 Prozent auf 111,78 Euro - und gaben so ihre Vortagesgewinne wieder ab. Im weiteren Verlauf konnte der Kurs in die Gewinnzone vordringen, sodass die Aktie zum Schluss 0,66 Prozent im Plus bei 113,72 Euro notierte.
Aktionäre kritisieren Siemens-Führung
Drinnen ringt Siemens -Chef Joe Kaeser um die Deutungshoheit in der Klimadebatte, draussen singen Hunderte Protestierende gegen Kohlendioxid und Treibhausgase. Die Hauptversammlung des Siemens-Konzerns in der Münchner Olympiahalle stand im Zeichen der Frage, ob der Konzern Aufträge für klimaschädliche Projekte annehmen darf. Dabei geht es inzwischen um mehr als die Lieferung einer Zugsignalanlage im Wert von 18 Millionen Euro für das riesige Kohlebergbauprojekt des Adani-Konzerns in Australien, an der sich der Streit entzündet hat.
Auch in den Redebeiträgen auf der Hauptversammlung spielten Klimawandel und Adani-Auftrag vielfach eine entscheidende Rolle. So sagte Varsha Yajman vom australischen Fridays-for-Future-Pendant, es sei eine "Schande", dass Siemens den Vertrag mit Adani unterzeichnet habe, während Australien brenne. Helena Marschall von Fridays for Future Deutschland warf Siemens eine "unehrliche Inszenierung als Klimakonzern" vor und warnte Kaeser: "Sie verlieren Ihre Kunden - zumindest die zukünftigen."
Kaeser antwortete Marschall mit den Worten: "Wir sind uns einig über die Diagnose. Aber die Therapie haben bisher nur wir begonnen." Der Siemens-Chef zeigte sich in der Klimadebatte allerdings zusehends frustriert. "Bei solchen Themen kann man nicht gewinnen, weil der Anspruch, den viele haben auf der anderen Seite, ein legitimer ist", sagte der Manager. Seinen Kritikern warf er allerdings vor, ein "Geschäftsmodell Aktivismus" zu betreiben.
Manche Investoren halten Kaeser aber vor, den Streit um das Adani-Projekt durch widersprüchliche Botschaften selbst befeuert zu haben. So nannte Vera Diehl von Union Investment die Kommunikation rund um Adani ein "Desaster". Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sagte, Kaeser habe im Umgang mit dem Adani-Auftrag unnötigerweise "gepatzt". Sie betonte aber, dass er auch vieles richtig und sehr gut gemacht habe.
Der Aufsichtsratschef Jim Hagemann Snabe ermahnte die Aktionäre mehrmals, die Fragerunde nicht als "politische Bühne" zu nutzen. "Wir können die Nachhaltigkeit der Welt nicht in der Hauptversammlung lösen", sagte er. Mehrmals musste er Redner am Ende ihrer Redezeit abwürgen. Ein Ende der Versammlung war am Nachmittag angesichts von 63 Wortmeldungen dennoch noch nicht abzusehen.
Die Zahlen, die Kaeser vor Beginn der Hauptversammlung für das erste Geschäftsquartal vorlegte, glänzten nicht. Er selbst sagte, das Geschäftsjahr habe "etwas verhalten" begonnen. Das Unternehmen bekam die Schwäche der wichtigen Kunden Autoindustrie und Maschinenbau zu spüren. Zudem schrieb die Windenergie-Tochter Siemens Gamesa deutliche Verluste. Hier hat sich Siemens allerdings grösseren Einfluss gesichert: In der Nacht vor der Hauptversammlung kündigte der Konzern an, die Anteile des Minderheitsaktionärs Iberdrola übernehmen zu wollen, mit dem es in der Vergangenheit immer wieder Streit gegeben hatte. Nun hofft Kaeser, dass "das Management wieder mehr Kapazität hat, sich mit der Verbesserung der Ertragskraft näher zu befassen".
Kaesers Vertrag als Vorstandsvorsitzender läuft zum Jahresende aus. Es war aller Voraussicht nach seine letzte Hauptversammlung an der Siemens-Spitze. Als wahrscheinlichster Nachfolger gilt sein Vize Roland Busch. Fragen zur Nachfolge beantwortete Kaeser mit dem Verweis darauf, dass der Aufsichtsrat im Sommer entscheiden werde.
MÜNCHEN (awp international / Dow Jones)
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