Experten-Kolumne |
19.09.2014 10:27:58
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Für oder gegen die variable Rente
Kolumne
Es ist zu festzustellen, dass Vorsorgeeinrichtungen vermehrt dazu übergehen, Rentenzahlungen zu variabilisieren.
Einige Kassen federn mit diesem Instrument Senkungen des Umwandlungssatzes ab, andere öffnen damit den Weg für einmalige Zusatzzahlungen an Rentner. Die Diskussion über dieses Thema ist kontrovers und deshalb soll zuerst das grundsätzliche Für und Wider einer variablen Rente erörtert werden. Dies ermöglicht es, Beurteilungskriterien abzuleiten. Anschliessend soll ein erstes Fazit gewagt werden.
Für
Viele Rentner sind es aus ihrer Zeit als Arbeitnehmer gewohnt, dass sie einen Teil ihrer Entlohnung als variablen Bestandteil erhalten. Es handelt sich dabei vor allem um eine Prämie, die den individuellen Erfolg des Arbeitnehmers, seines Bereichs und auch der ganzen Firma abbildet. Da der Arbeitnehmer das Ergebnis der Firma mitgestaltet, soll er finanziell zusätzlich partizipieren können. Vielfach wird von Arbeitnehmern heute ein Lohn mit variablem Anteil erwartet, damit ihr Einsatz auch wirklich Früchte tragen kann.
In der Praxis ist es so, dass Verträge für Arbeitnehmer in Kaderfunktionen einen höheren variablen Anteil vorsehen. Als Begründung wird vor allem genannt, dass diese Personen einen grösseren Einfluss auf das Ergebnis des Unternehmens haben und zudem durch ein höheres Grundgehalt Schwankungen des Bonus leichter kompensieren können.
Andererseits kann die Position eines Rentners in der Vorsorgeeinrichtung eher mit der eines Aktionärs verglichen werden, da ja der Rentner vom Ertrag und Verzehr seines Kapitals lebt und den Erfolg der Vorsorgeeinrichtung nicht beeinflussen kann. Da die Vermögenserträge schwanken, benötigt die Vorsorgeeinrichtung im Falle der variablen Rente weniger Reserven, da Ein- und Auszahlungen besser aufeinander abgestimmt sind. Dies kann für eine Anlageoptimierung genutzt werden.
Für eine variable Rente spricht damit, dass die Rentner aus ihrer Zeit als Arbeitnehmer Erfahrungen mit dem Umgang von schwankenden Einkommen haben sammeln können. Am wichtigsten ist jedoch, dass die Variabilität sich im Zeitverlauf in insgesamt höheren Rentenzahlungen durch geringere Reserven und höhere Rendite niederschlagen sollte. Man kann auch formulieren, dass das höhere Risiko einer variablen Rente eine Entschädigung verdient.
Wider
Vielfach sind die Zahlungen aus 1. und 2. Säule gerade ausreichend, um die monatlichen Ausgaben der Rentner zu decken. Schwankungen der Rente können deshalb nicht aus Sparguthaben ausgeglichen werden. Der Vorteil von insgesamt höheren Rentenzahlungen im Zeitverlauf ist für diese Rentner nicht wesentlich, da in schlechten Jahren Konsumverzicht erfolgt oder auch Kreditkosten anfallen.
Weiterhin muss sichergestellt sein, dass die Chancen einer variablen Rente im Zeitverlauf wirklich zu höheren Rentenzahlungen führen. Hierzu ist es notwendig, dass im Vergleich zu einer "konventionellen" Rente höhere Verzinsungen erfolgen. Dies muss einerseits finanzmathematisch fundiert sein und zweitens müssen die Kriterien der Zuteilung für den "variabilisierten" Rentner nachvollziehbar und sicher sein.
So mag es Vorsorgeeinrichtungen geben, die diesen Mechanismus als Sanierungskonzept benutzen und nicht offen legen, dass es sich hier um eine verkappte Reduzierung des Umwandlungssatzes handelt. Ob dann nicht auch die Kriterien oder die Praxis der Zuteilung von variablen Anteilen mit Zeitverlauf aufgeweicht werden können, ist sicher ein wichtiger Prüfstein für die Akzeptanz eines derartigen Vorhabens.
Beurteilungskriterien
Die vorausgehenden Ausführungen ermöglichen es festzustellen, welche Kriterien für eine variable Rente aus der Sicht des Destinatärs wichtig sind. Zuerst einmal erscheint das Rentenniveau wesentlich. Menschen mit kleiner Rente werden wohl eher zögern einen variablen Rentenvertrag einzugehen. Weiterhin müssen die finanziellen Vorteile einer variablen Rente klar ersichtlich sein. Zudem braucht es Sicherheit, dass die Zuteilung des variablen Anteils über die gesamte Laufzeit der Rente vorhersehbar und ohne Reduzierung erfolgt. Diese Kriterien sollen im weiteren beleuchtet werden.
Auch wenn dervariable Rentenanteil dem unterschiedlichen Rentenniveau Rechnung trägt, indem der relative variable Anteil in Prozent und Franken unterschiedlich hoch ist, so sollte beachtet werden, dass je nach Haushalt ein bestimmter Grundbetrag an Rente benötigt wird. Dieser Betrag ist individuell, da ja die Kosten und Ausgaben variieren. Somit kann nur der Rentner selbst entscheiden, ob und wie viel seiner Rente variabel sein kann. Die Vorsorgeeinrichtung kann hier Höchstgrenzen einführen, sofern sie eine zentrale Fürsorge betreiben möchte.
Wesentlich ist, dass die Chancen der variablen Rente fair berechnet sind. So handelt es sich im Wesentlichen darum, für den variablen Teil der Rente relativ höhere variable Zahlungen im Zeitverlauf zu erhalten. Dies ist nur dann möglich, wenn auch die Anlage so ausgestaltet ist, dass auch höhere Renditen anfallen können. Es ist sehr schwierig für den Rentner dies zu beurteilen und letztendlich hat er auch keinen direkten Einfluss auf die Anlage der Vorsorgeeinrichtung. Ebenfalls ist wichtig zu wissen, wie denn eine etwaige Witwen- oder Kinderrente ausgestaltet ist. Werden auch hier anteilige variable Zahlungen fällig? Es zeigt sich hier, dass eine finanziell faire Ausgestaltung der variablen Rente sicher sehr anspruchsvoll ist. Das Argument der geringeren Reserven ist zu hinterfragen, da ja eigentlich Wertschwankungsreserven nur für Aktive gebildet werden.
Was die Sicherheit der Zuteilung anbelangt, so muss diese für den einzelnen Rentner dauerhaft garantiert sein. Implizit bedeutet dies auch, dass die Anlage in wesentlichen Teilen für Rentner mit variablem Anteil nicht verändert werden darf oder die Rentner hier zumindest Einfluss nehmen können. Wahrscheinlich ist es letztendlich eine Sache des Vertrauens in die Vorsorgeeinrichtung, einen variablen Rentenanteil zu wählen. Im Prinzip sollte dies auch bedeuten, dass der Rentner zu bestimmten Zeitpunkten die variable Lösung in eine traditionelle Lösung konvertieren kann.
Als Fazit lässt sich feststellen, dass derartige variable Rentenmodelle auf Freiwilligkeit beruhen sollten. Sie sind als eine weitere Möglichkeit der Rentenzahlung neben der bisherigen festen Rente zu verstehen. Die Schwierigkeiten, derartige variable Modelle fair und glaubwürdig auszugestalten, sind gross. Es bleibt die Frage, ob nicht die bisher schon mögliche Spaltung in Kapital und Rente zielführender ist, da hier der Rentner die volle Kontrolle über seine "variablen" Einkünfte hat.
Es könnte eine mögliche neue Variante sein, dass Vorsorgeeinrichtungen für Rentner Fonds auflegen und für den Rentner monatlich einen bestimmten Anteil verkaufen. In diesem Fall könnten günstige Vermögensverwaltungskosten mit einer regelmässigen, aber aufgrund von Wertschwankungen variablen Zahlung, kombiniert werden.
Der Ansatz zusätzliche Zahlungen an Rentner einmalig und nur unter bestimmten Bedingungen zu zahlen, ermöglicht mehr Flexibilität für Zahlungen. In diesem Fall handelt es sich jedoch nicht wirklich um eine variable Rente, sondern um die Variabilisierung der Rentenerhöhungen.
Olaf Meyer: Stiftungsratspräsident Profond Vorsorgeeinrichtung
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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