Experten-Kolumne |
23.06.2016 10:39:56
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Ist Nachhaltigkeit in der Vorsorge ein Luxusproblem?
Kolumne
Nachhaltigkeitsthemen in der Vorsorge scheinen momentan an Bedeutung verloren zu haben. Das ist jedoch unberechtigt. Vielmehr bleibt «Nachhaltigkeit» eine Anforderung, die in der Arbeit von Pensionskassen Berücksichtigung finden muss.
Es ist still geworden um Nachhaltigkeitsthemen in der Vorsorge. Der raue Gegenwind der Finanzmärkte und der Langlebigkeit monopolisiert die Berichterstattung über Vorsorge und es scheint, dass es zurzeit um «dringlichere» Themen geht, nämlich vor allem um die finanzielle Stabilität der Pensionskassen. Damit schafft es Nachhaltigkeit nach dem Eisenhower-Prinzip nicht mehr auf die Traktandenliste der Stiftungsräte, was bedauerlich ist.
Erinnern wir uns, welche Art von Nachhaltigkeit in der Vorsorge angestrebt werden kann. So geht es zuerst einmal um das Augenscheinliche, die Anlage in nachhaltige Unternehmen. Die Verknüpfung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten ist eine zeitgemässe Forderung; die Beurteilung der Performance in Nachhaltigkeit von gewählten Anlageobjekten bleibt äusserst schwierig. Jedoch ist festzustellen, dass die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen zugenommen hat und es Firmen gibt, die bereits den Shared-Value-Ansatz leben, wie z. B. die Firma Nestlé. Insbesondere grosse und erfolgreiche Unternehmen investieren Geld in unser zukünftiges Zusammenleben, was zeigt, dass Nachhaltigkeit auch rentabel sein kann.
Generationengerechtigkeit als wesentliche Aufgabe
Oftmals geht verloren, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine Frage des Geschäftsmodells ist, sondern primär von der Einstellung von Managern zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung abhängt. Pensionskassen haben die Möglichkeit über ihre Stimmrechte als Aktionäre adäquate Verwaltungsräte und damit auch Manager zu bestellen, die ein modernes, ressourcenorientiertes Stake-holder Management mit Blick auf das gesellschaftliche Umfeld betreiben. Dies erweitert den Kreis des Handelns auch auf kleinere und mittlere Unternehmen, die für die Wirtschaft in der Schweiz prioritär sind.
Die wesentliche Aufgabe der nachhaltigen Vorsorge besteht jedoch in der Generationengerechtigkeit. Diese Kernaufgabe wird heute vielfach dem Primat der finanziellen Stabilität untergeordnet, ohne dazu klare Prinzipien zu formulieren, was denn Generationengerechtigkeit für eine Vorsorgeeinrichtung bedeutet. Die 2. Säule ist hier der entscheidende Baustein, da sie nicht einfach umverteilt, sondern individuelles Sparen ermöglicht. Die Frage, wieviel Solidarität zwischen Generationen erfolgen soll, ist primär eine Frage der Nachhaltigkeit.
Fazit:
Nachhaltigkeit in der Vorsorge ist kein Problem, das an einen Portfoliomanager im Rahmen eines Mandates abgegeben werden kann, sofern man sich hier nicht "nur" das berühmte Feigenblatt erkaufen will. Es bedarf eines ganzheitlichen Ansatzes, der primär eine intensive Auseinandersetzung im Stiftungsrat mit anschliessender Aufnahme dieser Aspekte im Leitbild zur Folge hat. Die Auseinandersetzung mit der Generationengerechtigkeit sollte im Zentrum der Nachhaltigkeit für alle Pensionskassen stehen, da sie hier einen hohen und direkten Beitrag leisten können, der nicht abgetreten werden kann. Von grossen Pensionskassen kann erwartet werden, dass sie die von ihnen entwickelten Prinzipien einer gesellschaftlichen Verantwortung in einem Spektrum von Massnahmen in der Anlage einsetzen, wobei dies weit über die Auswahl von Firmen anhand von Nachhaltigkeitskriterien hinausgeht. Kleineren Pensionskassen bleibt wohl eher diese "traditionelle" Selektion von Investitionen über Mandate zugänglich, um Nachhaltigkeit in der Anlage zu verankern. Nachhaltigkeit sollte als Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwortung gesehen werden und ist kein Luxus, sondern eine Anforderung, die in der aktuellen Arbeit von Pensionskassen Berücksichtigung finden muss.
Olaf Meyer: Stiftungsratspräsident Profond Vorsorgeeinrichtung
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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