Experten-Kolumne |
27.04.2017 09:23:26
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Ist die Schweizer Vorsorge sicher?
Kolumne
Viele Menschen sind heute verunsichert: wird es in Zukunft noch ausreichende Renten geben, oder führt die Globalisierung auch in der Schweiz zu einer «globalen» Nivellierung der Vorsorge?
Zuerst einmal betrifft Vorsorge die Zukunft, die per se unsicher ist. Vielfach wird eine sichere Vorsorge eingefordert, jedoch ist nach kurzem Nachdenken klar, dass zukünftige Entwicklungen und Ereignisse kaum planbar sind, so dass es keine wirklich sichere Vorsorge geben kann, auch wenn man dies gesetzlich vorschreibt.
Diese banale Realität gerät vielfach in Vergessenheit, vielleicht auch, weil von vielen Verantwortlichen im Bereich der Vorsorge Risikominimierung betrieben wird. Dies in der fälschlichen Annahme, dass damit Sicherheit erreichbar sei. Vorsicht war und ist noch immer das Vademekum der Vorsorge, nicht zuletzt, weil es sich um anvertraute Gelder handelt.
Es ist zu Recht anerkannt, dass die drei Säulen des Schweizer Vorsorgesystems auch heute Vorbildcharakter haben, da sie demographische und Finanzmarktrisiken in geeigneter Mischung diversifizieren.
Zumeist wird vergessen, dass in der zweiten Säule Pensionskassen keine zusätzliche Verschuldung eingehen dürfen und die auszuzahlenden jährlichen Renten vielfach nur einen Bruchteil des Anlagevermögens ausmachen. Dies erzeugt langfristige Stabilität, auch wenn die Finanzmärkte volatil bleiben.
Die Reform 2020 wird, wie auch immer sie genau aussehen mag, die Zahlung vergleichsweise hoher Renten begünstigen, ohne jedoch absolute Sicherheit erreichen zu können.
So verständlich das Streben nach absoluter Sicherheit ist, jedoch, nicht nur unter den aktuellen Rahmenbedingungen, bleibt bedenklich, dass diese Sicherheit einen hohen Preis hat. Insbesondere in der zweiten Säule handelt es sich nicht «nur» um ein Verteilungsproblem, sondern vor allem um die Frage, welche Beiträge die Finanzmärkte leisten können.
Das Streben nach Sicherheit oder Risikoarmut führt dazu, dass in grossem Ausmass Anlagen gewählt werden, die keine oder eine nur geringe Rendite erwirtschaften. Im Durchschnitt halten Vorsorgeeinrichtungen immer noch mehr als ein Drittel ihres Vermögens in Obligationen und liquiden Mitteln, die nur eine kleine oder sogar negative Rendite erwirtschaften. Ein derartiges Anlageverhalten ist offensichtlich gerade in Zeiten, in denen Erträge benötigt werden, angreifbar.
Die Kernfrage ist, wieviel Sicherheit wirklich benötigt wird und was die Kosten dafür sind. Es gilt zudem Abschied zu nehmen von der Illusion der absoluten Sicherheit, die uns «teuer zu stehen kommt». Eine Aufklärungskampagne der Bevölkerung ist notwendig, damit der Zusammenhang von Rendite und Risiko besser verstanden wird.
Die Experten diskutierten schon seit längerem über die sogenannte Risikofähigkeit von Pensionskassen. In der Fachwelt wird traditionell auf gewisse Risikofaktoren abgestellt wie Rentneranteil oder Volatilität der Anlagen, zumeist ohne dies mit der Rendite zu verknüpfen. Dieser Ansatz greift zu kurz, da es ja die Aufgabe der Pensionskassen ist, Erträge an den Finanzmärkten zu generieren. So sind nicht nur etwaige Börsenkrachs sondern auch die damit verbundenen Erholungsphasen zu berücksichtigen, damit der Chancenanteil des Risikos korrekt einbezogen wird.
Als Fazit bleibt, dass in Zeiten, in denen Menschen sich durch vielerlei Ereignisse auf der Erde unsicher fühlen, das Sicherheitsbedürfnis steigt. So verständlich dieser Reflex ist, umso mehr sollte in der Vorsorge eine langfristige ausgewogene ökonomische Planung angewandt werden. Dies wird helfen, die Umwandlungssätze zu stabilisieren und die Zufriedenheit der Bürger mit der Vorsorge in der Schweiz zu erhöhen.
Olaf Meyer: Stiftungsratspräsident Profond Vorsorgeeinrichtung
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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