Experten-Kolumne |
17.04.2014 14:33:53
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Vom Zufall und Interessenkonflikten in der Vorsorge
Kolumne
Die heutige Arbeitswelt erfordert vielfache Stellenwechsel. Man spricht davon, dass 10% aller Arbeitnehmer pro Jahr ihren Job wechseln. In den meisten Fällen ist dies mit einem Wechsel der Vorsorgeeinrichtung verbunden, da ja der Arbeitgeber die Vorsorgelösung auswählt.
Ebenso wie eine berufliche Karriere sich aus mehreren Stationen zusammensetzt, ergibt sich die Altersrente aus verschiedenen Bausteinen, die bei den vom Arbeitgeber ausgewählten Pensionskassen erworben wurden. Entscheidend ist oft die letzte Pensionskasse vor der Verrentung, da der hier angebotene Umwandlungssatz verbindlich für die Rentenfestsetzung ist.
Für das gleiche Kapital können Renten sehr unterschiedlich hoch sein. Sofern wir über einen Betrag von CHF 400‘000 verfügen und als Bandbreite heutige reale Umwandlungssätze von 6.8% bis 5.2% benutzen, ergeben sich monatliche Renten von max. CHF 2‘267 und minimal CHF 1‘733. Bei derartigen Unterschieden müsste man eigentlich seinen "letzten" Arbeitgeber anhand der Pensionskasse auswählen, sofern es der Arbeitsmarkt erlaubt. Dies ist jedoch für viele ältere Arbeitnehmer nicht so einfach. Deshalb fragen sich viele, soll man sich bei tiefem Umwandlungssatz lieber das Kapital auszahlen lassen? Ausser der ökonomischen Abwägung wiegt jedoch auch die Sicherheit einer Rente schwer, die ja prioritär eine Versicherung für langes Leben darstellt. Wer möchte oder will schon die Unsicherheit der Finanzmärkte individuell im Alter (er-)tragen, selbst wenn dies Einbussen mit sich bringt?
Doch bereits vor der Verrentung werden die Altersguthaben der Arbeitnehmer verzinst. Auch hier bestehen enorme Unterschiede; im vergangenen Jahr betrug die Bandbreite der von Pensionskassen gezahlten Zinsen1.5% bis 3.5%. Für ein durchschnittliches Kapital von CHF 200‘000 ergeben sich bei 20 Jahren für die genannten Zinssätze Endsummen von CHF 269‘371 bzw. CHF 397‘958. In Verbindung mit den minimalen und maximalen Umwandlungssätzen ergeben sich monatliche Renten von CHF 1‘167 bis CHF2‘255.
Es bleibt für den Arbeitnehmer zurzeit nur das Prinzip Hoffnung, dass der jeweilige Arbeitgeber die richtige Wahl trifft. Aber darf er dies wirklich hoffen? Oder sind die Ergebnisse des Sparprozesses eher zufällig, da die verschiedenen Wechsel in Pensionskassen jede Art von Kontinuität unterbinden?
Nun werden durchschnittlich etwa 80% der Beiträge, die an die Pensionskasse gezahlt werden, gespart. Etwa 15% werden für die Versicherungsleistungen aus Invalidität und Tod und etwa 5% für Administratives aufgewendet.
Die Leistungen aus dem Sparprozess fliessen zu 100% an den Arbeitnehmer als Rente oder Kapital zurück und der Arbeitgeber ist hiervon nicht begünstigt oder anderweitig betroffen. Insbesondere im Falle von regelmässigen Stellenwechseln der Arbeitnehmer, ist es für viele Arbeitgeber nicht prioritär wie viel die Pensionskasse erwirtschaftet, da es sich ja nur um einen Baustein auf dem Weg zur Rente handelt.
Oft interessieren sich die Firmen vor allem für die 20% der Beiträge, die die Kosten für die Versicherungs- und administrativen Leistungen darstellen. Sofern diese gesenkt werden können profitiert der Arbeitgeber, der einen Anteil, oft 50% dieser Kosten, trägt. Es kommt hier zu einem Interessenkonflikt, da ja optimale Kosten für Versicherung und Administration nichts mit einer erfolgreichen Anlage zu tun haben. So gibt es sogar Praktiken, dass keine oder nur geringe Kosten erhoben werden und Fehlbeträge aus dem Sparertrag genommen werden.
Nun mag man hier einwenden, dass es ja genau aus diesem Grunde paritätische Gremien gibt, die hier ausgewogene Lösungen finden sollen. Doch funktioniert dies?
Es führt wohl kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass der Arbeitnehmer mehr Einfluss hat oder auch einfach nur nehmen sollte, wer sein Geld wie anlegt. Eine vollständige Entflechtung der Sparbeiträge von den Versicherungs- und Verwaltungskosten mit eigener Rechnungslegung ist ebenfalls einzufordern, damit Preisverfälschungen klar ersichtlich sind. Nicht zuletzt sind Vergleiche der Verzinsung der Altersguthaben und der Umwandlungssätze unabdingbar, damit die Leistungen im Sparprozess deutlich werden. Des Weiteren verfolgen Pensionskassen unterschiedliche Anlagestrategien. Ein Wechsel zu einer anderen Pensionskasse bedeutet zumeist auch einen Wechsel der Anlagestrategie
Doch was tun, wenn man bei der falschen Vorsorgeeinrichtung ist?
Noch immer scheint der Vorschlag, dass Arbeitnehmer ihre eigene Vorsorgeeinrichtung auswählen, nicht durchsetzbar. Es ist jedoch an der Zeit hier Verbesserungen einzuführen. So sollte es für den Destinatär möglich sein, Pensionskassen zu verlassen, die nachweislich geringe Leistungen erbringen. Im Zuge des Leistungsabbaus vieler Vorsorgeeinrichtungen kann eine "Zwangsverpflichtung" der Destinatäre nicht mehr gerechtfertigt werden.
Olaf Meyer: Stiftungsratspräsident Profond Vorsorgeeinrichtung
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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