Empfindlicher Rückschlag |
17.06.2021 17:36:00
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CureVac-Aktie -41%: CureVac-Impfstoffkandidat nur vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent - Bayer setzt Support fort
Rückschlag für einen Hoffnungsträger der Impfkampagne in Deutschland.
Das Unternehmen musste am späten Mittwochabend in einer Pflichtbörsenmitteilung einräumen, dass der eigene Impfstoffkandidat CVnCoV in einer Zwischenanalyse nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent gegen eine Corona-Erkrankung "jeglichen Schweregrades" erzielt habe. Damit habe er die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien nicht erfüllt.
Vom Impfstoff CureVac hat die Schweiz fünf Millionen Dosen bestellt. Der Impfstoff ist in der Schweiz jedoch noch nicht zugelassen.
Der CureVac-Impfstoffkandidat befindet sich schon seit Dezember - also seit rund einem halben Jahr - in der finalen und damit zulassungsrelevanten 2b/3-Studienphase. Während zahlreiche Konkurrenten ihre Vakzine längst auf den Markt gebracht haben, sammelt CureVac nach wie vor Daten. Ob CureVac nun überhaupt absehbar - und wenn, wann - liefern kann, bleibt vorerst unklar.
Die Bundesregierung hatte den CureVac-Impfstoff Berichten zufolge lange für die zweite Jahreshälfte eingeplant, auf der jüngst vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Liste der Impfstoff-Lieferplanungen fehlte das Unternehmen aber bereits. Zuletzt hatte die Plattform "Business Insider" berichtet, es habe noch Ende Mai in internen Lieferprognosen der Bundesregierung geheissen, dass von CureVac bis Jahresende eine zweistellige Millionenmenge an Impfstoffdosen erwartet werde.
Angesichts der massiven Zeitverzögerung hatte die Firma zuletzt nicht nur ihre Aktionäre immer wieder vertröstet. Bis Anfang Juni hatte es geheissen, das Unternehmen erwarte - abhängig von den klinischen Studiendaten - die Zulassung seines Impfstoffkandidaten in der EU zumindest noch im zweiten Quartal. Doch kurz darauf wurde bekannt, dass sich das Verfahren weiter verzögern werde. Zuletzt war darüber spekuliert worden, der CureVac-Impfstoff könne möglicherweise im August in der EU zugelassen werden. Auch diese Aussichten könnten sich nach Bekanntwerden der neuen Daten erledigt haben.
Der Impfstoffkandidat der Tübinger basiert - ebenso wie beispielsweise das bereits länger in der EU zugelassene Vakzin des Mainzer Konkurrenten BioNTech - auf sogenannter "messenger RNA" (Boten-RNA) und unterscheidet sich damit von herkömmlichen Vektorimpfstoffen wie etwa jenem von AstraZeneca. Doch anders als bei BioNTech oder auch beim US-Konkurrenten Moderna lässt die Wirksamkeit des CureVac-Impfstoffs offenbar deutlich zu wünschen übrig.Die Firma teilte mit, dass die Wirksamkeit des Impfstoffkandidaten von der untersuchten Altersgruppe und den Virusstämmen abhänge. In die Analyse sei die Wirksamkeit gegen mindestens 13 COVID-Varianten eingegangen. Der Epidemiologie Lauterbach folgerte aus den von CureVac bekanntgegebenen Daten: "Verschiedene Varianten waren betroffen. Damit dürfte die Wirkung gegen die Delta-Variante alleine noch niedriger sein." Nach Ansicht vieler Virologen ist diese zuerst in Indien bekanntgewordene Virus-Variante deutlich ansteckender und verursacht schwerere Krankheitsverläufe.
CureVac hatte sich im vergangenen Jahr über einen Börsengang in New York sowie mehrmals über Kapitalerhöhungen frisches Geld verschafft und zudem eine Partnerschaft mit dem Leverkusener Pharmariesen Bayer vereinbart. Historisch noch enger verzahnt ist CureVac allerdings mit dem SAP-Mitbegründer und Investor Dietmar Hopp, der nach wie vor einen Grossteil der Anteile an dem Unternehmen hält. Hopp sorgte zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 für Schlagzeilen, als er überraschend und öffentlichkeitswirksam verkündete, CureVac könne möglicherweise schon im Herbst 2020 einen Corona-Impfstoff liefern. Das blieb ein unerfüllter Wunsch.
Bayer setzt Support für CureVac fort
Bayer wird seine Unterstützung für CureVac auch nach dem schwachen Zwischenergebnis zur Wirksamkeit des COVID-19-Impfstoffs der Tübinger Biotechfirma fortsetzen. Eine Bayer-Sprecherin sagte auf Nachfrage, der Support gehe weiter, die finalen Ergebnisse der zulassungsrelevanten Studie stünden noch aus.
Bayer wollte den COVID-19-Impfstoff ab Ende des Jahres als Dienstleister für CureVac in Wuppertal produzieren. Eine Lieferung von 160 Millionen Dosen war für 2022 vereinbart. Genutzt werden sollte ein erst vor wenigen Jahren fertiggestelltes Gebäude, in dem Bayer ursprünglich einen Blutverdünner produzieren wollte. Das Angebot zur Produktion stehe, sagte die Sprecherin weiter. Wie viel Geld Bayer dafür investiert, wollte sie nicht sagen.
Der Impfstoff erreichte in einer Zwischenanalyse einer zulassungsrelevanten klinischen Studie mit 40'000 Probanden nur eine Wirksamkeit von 47 Prozent gegen COVID-19-Erkrankungen jeglichen Schweregrades und erfüllte damit nicht die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien, wie CureVac am späten Mittwochabend mitteilte.
Das Mittel war wirksam bei jüngeren Studienteilnehmern, jedoch konnten bei Über-Sechzigjährigen keine Rückschlüsse auf die Wirksamkeit gezogen werden. In der Studie wurden mindestens 13 Virus-Varianten getestet, was zu den enttäuschenden Ergebnissen CureVac zufolge beigetragen haben könnte. Die Studie hatte CureVac zusammen mit Bayer durchgeführt.
"Ungeachtet der verschiedenen COVID-19-Varianten in der Studie erfüllt die Wirksamkeit des Impfstoffs von 47 Prozent nicht die statistischen Erfolgskriterien", so die Analysten von Jefferies. Sie weisen darauf hin, dass das Ergebnis von CureVac weit unter dem des experimentellen Impfstoffs der Novavax Inc liegt, der in einer kürzlich durchgeführten großen klinischen Studie eine Wirksamkeit von 90,4 Prozent bei der Verhinderung einer symptomatischen Erkrankung bei Erwachsenen erzielte. Die Berenberg-Analysten nannten die geringe Wirksamkeit "enttäuschend", auch könne die Annahme in der Bevölkerung deshalb geringer sein. Noch sei aber nicht jegliche Hoffnung für eine Zulassung verloren.
Nachricht ungünstig für Länder mit Impfrückstand.
Die Nachricht kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt für Länder, die gehofft hatten, den Impfrückstand mit Hilfe von CureVac aufzuholen. Die Bundesregierung, die über die KfW 16 Prozent an CureVac hält, plant für die laufende Impfkampagne im zweiten Quartal wegen der ausstehenden Genehmigung keinen CureVac-Impfstoff ein. Ursprünglich sollten aber im zweiten Quartal 1,4 Millionen Dosen CureVac-Impfstoff geliefert werden. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) sagte am Donnerstag, er sehe trotz der Probleme bei der Markteinführung des Corona-Impfstoffs von CureVac keine Engpässe auf Deutschland für das geplante Impfangebot zukommen. Es bleibe bei dem Versprechen eines Impfangebots an alle Bürger bis Ende September, und es sei auch viel Impfstoff für nötige Auffrischungen bestellt worden, sagte Braun dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält einen Einsatz des CureVac-Impfstoffs in Deutschland nun nicht mehr für möglich. "Die Bürger wollen zunehmend die wirksamsten Impfstoffe von BioNTech und Moderna. Selbst der AstraZeneca-Impfstoff wird zunehmend zum Ladenhüter. CureVac wird bei der Delta-Variante wahrscheinlich noch schwächer sein, somit keine Rolle mehr spielen", sagte Lauterbach der Rheinischen Post. Für die Impfkampagne in Deutschland bedeute der Wegfall von CureVac und die geringere Liefermenge von Biontech, "dass wir erst Mitte September Herdenimmunität erreichen können".
CureVac hat Partnerschaften mit Bayer, WACKER CHEMIE, Glaxosmithkline und Novartis für die Herstellung des Impfstoffs sowie einen Vertrag mit der EU-Kommission für die Lieferung von bis zu 405 Millionen Dosen.
Bayer wollte den COVID-19-Impfstoff ab Ende des Jahres für CureVac in Wuppertal produzieren. Eine Lieferung von 160 Millionen Dosen war für 2022 vereinbart. Eine Bayer-Sprecherin sagte, der Konzern werde seine Unterstützung für CureVac fortsetzen, die finalen Ergebnisse der Studie stünden noch aus. Ein Sprecher von WACKER CHEMIE wollte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern. Auch WACKER CHEMIE will für CureVac Impfstoff produzieren und nach früheren Aussagen die Produktion beginnen, sobald er zugelassen ist. Am WACKER CHEMIE-Standort in Amsterdam können pro Jahr mehr als 100 Millionen Dosen hergestellt werden. Nach den ursprünglichen Planungen sollte die Produktion im ersten Halbjahr 2021 starten.
CureVac wartet für weitere Diskussion über Zulassung finale Studiendaten ab
Der Tübinger Impfstoffforscher CureVac bleibt auch nach den enttäuschenden Studiendaten zu seinem COVID-19-Vakzin optimistisch gestimmt. "Wir sehen keinen Grund, irgendetwas zu verlangsamen", sagte Konzernchef Franz-Werner Haas am Donnerstag auf einer Telefonkonferenz. Dies gelte sowohl mit Blick auf die laufende Forschung als auch für die Vorbereitungen zur Produktion eines potenziellen Impfstoffes von CureVac.
Das Unternehmen hatte am Mittwochabend einen Rückschlag bei seinen Forschungen an einem hochwirksamen Corona-Impfstoff einräumen müssen. Demnach hatte CureVacs Impfstoffkandidat CVnCoV in einer Zwischenanalyse nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent gegen eine Corona-Erkrankung "jeglichen Schweregrades" erzielt. In den kommenden zwei bis drei Wochen soll die finale Auswertung der Studiendaten veröffentlicht werden, in die weitere Krankheitsfälle einbezogen werden sollen. Damit dürfte sich die Quote zur Wirksamkeit noch deutlich ändern, hiess es von CureVac.
Welche Bedeutung die bisher enttäuschende Wirksamkeit in Bezug auf die erhoffte Zulassung des Impfstoffs durch die europäische Medikamentenaufsicht EMA hat, wollte CureVac-Chef Haas nicht kommentieren. Das Unternehmen stünde im engen Kontakt mit der Behörde über den weiteren Weg. Erst wenn die finalen Daten vorlägen, könne weiter entschieden werden. Haas stellte auch die Möglichkeit einer Zulassung etwa nur für eine bestimmten Personengruppe in den Raum. So hatte der Impfstoff etwa bei jüngeren Studienteilnehmern eine Wirksamkeit erzielt, Rückschlüsse zur Wirkung bei Personen über 60 Jahren konnten aber nicht gezogen werden.
Abseits des eigenen Impfstoffs hofft CureVac auf eine Zulassung im kommenden Jahr für einen sogenannten mRNA-Impfstoff der zweiten Generation gegen Virus-Varianten, den das Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline entwickelt. Die vorklinischen Ergebnisse seien vielversprechend hiess es, die klinischen Studien hierzu sollen in etwa drei Monaten beginnen.
Schweiz hat bereits fünf Millionen Dosen bestellt
Vom Impfstoff CureVac hat die Schweiz fünf Millionen Dosen bestellt, den Vertrag für die Bestellung hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Februar abgeschlossen. Der Impfstoff ist in der Schweiz jedoch noch nicht zugelassen. Grundsätzlich werde der Kaufpreis eines COVID-19-Impfstoffs erst bei der Lieferung in die Schweiz fällig, hiess es Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Eine Lieferung erfolgt aber grundsätzlich erst nach Zulassung in die Schweiz.
Bei einer allfälligen Weitergabe von COVID-19-Impfstoff an andere Länder im Rahmen der Covax-Initiative würden die Rahmenbedingungen gemeinsam mit dem Empfänger vereinbart. Der Bund werde die Möglichkeit prüfen, Impfstoffe anderen Ländern weiterzugeben, sollten diese in der Schweiz nicht benötigt werden. Die Covax-Initiative hat zum Ziel, Länder mit kleinem und mittlerem Einkommen mit Corona-Impfstoffen zu versorgen.
Impfstoffallianz CEPI enttäuscht über CureVac-Ergebnisse
Die internationale Impfstoffallianz CEPI ist enttäuscht über die vorläufigen Ergebnisse der Tübinger Pharmafirma CureVac zu ihrem Corona-Impfstoff. "Das zeigt, was für eine Herausforderung die Entwicklung eines Impfstoffs sein kann", teilte CEPI am Donnerstag in Genf mit. CEPI steht für "Koalition für Innovationen in der Epidemievorbeugung". Es ist eine Zusammenarbeit zwischen Weltgesundheitsorganisation (WHO), Regierungen, Stiftungen und Forschungseinrichtungen.
Die Allianz betont, dass die Corona-Pandemie längst noch nicht vorbei ist. Es sei wichtig, die Forschung weiter zu fördern, um dem Virus und möglichen Varianten immer einen Schritt voraus zu sein. "CEPI wird weiter ein breites Portfolio von Covid-19-Impfstoffen fördern, um dieses Ziel zu erreichen."
CureVac ist einer von ursprünglich zwölf Impfstoffkandidaten, die CEPI im Programm hat. Zwei davon wurden inzwischen eingestellt, eines von der Universität Queensland und eines von Merck. Zusätzlich fördert CEPI noch einen Wirkstoffverstärker, ein Adkuvans.
Das vereinbarte CEPI-Budget zur Forschung und Entwicklung von CureVac betrug 15,3 Millionen Dollar. Zur Vereinbarung gehörte, dass CureVac dem solidarischen Impfprogramm Covax einen Teil seiner Produktion verkauft und nicht nur bilaterale Verträge schliesst. Covax soll vor allem die faire Verteilung der Corona-Impfstoffe in aller Welt gewährleisten.
Verglichen mit CureVac haben andere Kandidaten deutlich mehr Geld von CEPI erhalten: Mit AstraZeneca wurden 383 Millionen Dollar (rund 320 Mio. Euro) vereinbart, mit Clover Biopharmaceuticals 327,8 Millionen Dollar und mit Novavax 388 Millionen Dollar.
EMA: Vorerst keine Folgen für Zulassungsverfahren von CureVac
Die enttäuschenden Zwischenergebnisse zur Wirksamkeit des Impfstoffes des Tübinger Herstellers CureVac haben vorerst keine Folgen für das Prüfverfahren bei der Europäischen Arzneimittelbehörde. Es gebe keine harte Mindestgrenze bei der Wirksamkeit, erklärte die EMA am Donnerstag in Amsterdam. Vor einer Bewertung müssten alle Ergebnisse vorliegen.
CureVac hatte zuvor mitgeteilt, dass der Impfstoff des Unternehmens einer Zwischenanalyse zufolge eine Wirksamkeit von nur 47 Prozent gegen eine Covid-19-Erkrankung "jeglichen Schweregrades" zeige. Das ist niedriger als bei anderen Impfstoffen.
Bei klinischen Studien werde zwar von einer Mindestgrenze von 50 Prozent Wirksamkeit ausgegangen, sagte die EMA. Aber vor allem im Zusammenhang mit den neuen Virusvarianten müsse man die Daten sehr gut prüfen und Vorzüge gegen Nachteile abwägen.
Die Experten der EMA prüfen zur Zeit vier Impfstoff-Kandidaten. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, sei noch nicht abzusehen. Die Hersteller müssen nach Angaben der Behörde noch zusätzliche Daten liefern.
CureVac-Aktien im Sinkflug - COVID-19-Impfstoffkandidat enttäuscht
Die Aktien von CureVac werden am Donnerstag abgestraft, nachdem der COVID-19-Impfstoffkandidat des Tübinger Biopharmaziekonzerns sich in einer internationalen Studie als zu wenig wirksam erwiesen hat. Die Bundesregierung hatte den mRNA-basierten Impfstoff ursprünglich für ihre Impfkampagne eingeplant, die Chemiekonzerne Bayer und Wacker Chemie wollten jeweils den COVID-19-Impfstoff für CureVac produzieren und haben dafür bereits Kapazitäten eingeplant.
In den USA, dem Haupthandelsort für die CureVac-Aktie, gibt das Papier am Donnerstag im NASDAQ-Handel zeitweise um 41,88 Prozent auf 55,09 US-Dollar nach.
TÜBINGEN (awp international) / FRANKFURT (Dow Jones)
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