Experten-Kolumne |
17.02.2015 10:30:46
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Pensionskassen leiden unter Negativzinsen
Kolumne
Bereits seit einigen Jahren sinken die Zinserträge der Pensionskassen. Die Auswirkungen in Form sinkender Altersleistungen werden in den kommenden Jahren verstärkt sichtbar werden.
Inwiefern zukünftig vermehrt Ergänzungsleistungen an Rentner gezahlt werden müssen ist schwer abschätzbar. Es wird stark davon abhängen, wie viel Inflation letztendlich entstehen wird.
Die aktuelle Einführung von negativen Zinsen im kurzfristigen Bereich, die sich auf Laufzeiten bis zu 10 Jahren fortgesetzt hat, ist eine Fortführung der Politik der niedrigen Zinsen, allerdings nun in einer verschärften Form. Sparen wird finanziell noch mehr bestraft und Pensionskassen, die beauftragt sind eine Vermögensanlage für die Arbeitnehmer durchzuführen, leiden unter dieser Sanktion, der sie nur bedingt ausweichen können.
So ist es heue finanziell nicht mehr rentabel Geld in Obligationen anzulegen, da der zu investierende Betrag höher ist als die Rückzahlung plus der Zinsen. Für Pensionskassen, die renditeorientiert operieren müssen, ergibt sich als Konsequenz, dass Gelder aus den Obligationen umgeschichtet werden. Man mag einwenden, dass Obligationen einen Risikoschutz in der Vermögensanlage darstellen, da gewöhnlich die Preise der Obligationen steigen, wenn Aktienkurse fallen. Doch inwiefern ist dies gültig, wenn die Anleihepreise bereits höher als der Cash-Flow aus Rückzahlung und Zinsen sind? Es ist sehr wahrscheinlich, dass die risikosenkende Diversifikation, die einer grundsätzlich geringen oder negativen Korrelation beider Anlageklassen entspringt, aufgrund der verzerrten Zinskurven ausser Kraft gesetzt ist. Es gilt nun zu evaluieren, inwieweit derart hoch bewertete Obligationen nicht eher risikoerhöhend sind, da sie ja auch Kreditrisiken beinhalten.
Doch wohin mit den freiwerdenden Mitteln, die aus dem Verkauf der Anleihen resultieren?
Zuerst einmal werden sich aus dem Verkauf flüssige Mittel ergeben bis interessante neue Anlagemöglichkeiten gefunden sind. Hier ist zu beobachten, dass immer mehr Banken dazu übergehen, negative Zinsen auch für Kontoguthaben von Pensionskassen zu berechnen, da diese nicht von der Sanktion der SNB ausgenommen sind. Damit werden auch normale Arbeitnehmer zu Betroffenen, obwohl ja diese offiziell von derartigen Massnahmen verschont bleiben sollten.
Letztendlich bleibt den Verantwortlichen einer Pensionskasse die Wahl zwischen Rendite bei höherem Risiko oder geringer oder gar negativer Rendite mit geringerem Risiko. Sofern die Aktienmärkte, die die Hauptanlagealternative darstellen, als überbewertet angesehen werden, so wird wohl eher die Cashquote erhöht, ansonsten der Aktienanteil. Durch die negativen Zinsen werden Umschichtungen der Anlageportfolios in die eine oder andere Richtung beschleunigt. Es ist angezeigt, dass die SNB Kontoguthaben der Vorsorgeeinrichtungen von der negativen Verzinsung ausnimmt, da diese ja gar nicht Schweizer Franken zur spekulativen Zwecken halten.
In Anbetracht der Notwendigkeit, dass die bestehenden Marktverzerrungen im Zinsbereich irgendwann bereinigt werden müssen, sind weitere Schocks an den Finanzmärkten vorprogrammiert. Es gehört deshalb zu der Aufgabe der Pensionskassen-Verantwortlichen Erwartungen zu formulieren, wann und in welcher Art eine Normalisierung der Zinssätze eintreten wird. Es hat sich zuletzt bei der Aufgabe der Untergrenze für die Franken-Europarität durch die SNB gezeigt, dass Marktpreise letztendlich nicht beseitigt, sondern nur zeitlich begrenzt unterdrückt werden können. So wird sich bald zeigen, ob die amerikanische Notenbank die Zinssituation für USD normalisieren wird und wie dies die Finanzmärkte verkraften.
Diese Erfahrung ist wertvoll für die Beurteilung von möglichen Szenarien für eine Normalisierung in den Euroländern, die wohl eine wichtige Voraussetzung für eine Rückkehr zu Marktzinsen in der Schweiz darstellt.
Simples Warten auf bessere Zeiten ist ungenügend
Zwar sind die Verpflichtungen der Pensionskassen sehr langfristig, doch hängen Lösungen für die ausstehende Zinsnormalisierung von der Kapazität vieler Länder ab sich zu entschulden. Ein derartiger Prozess wird viele Jahre dauern, was bedeuten kann, dass der negative Zins über lange Zeit bestehen bleibt. Ein simples Warten auf bessere Zeiten ist sicher ungenügend.
So ist es wahrscheinlich, dass viele Pensionskassen den bereits massiven Abbau von Altersleistungen weiter vorantreiben und die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der 2. Säule weiter steigt. Die damit verbundene Strategie hohe Geldbeträge risiko- und renditearm in Liquidität und kurzfristigen Obligationen zu "parken" wird jedoch belohnt, falls sich die Zinssätze relativ schnell erhöhen.
Im Falle lahmender Reformen und damit fehlender Sanierung der öffentlichen Haushalte der grossen Industriestaaten ist es wahrscheinlich, dass die Zinsen tief und realwertorientierte Anlagen in Aktien und Immobilien attraktiv bleiben. Kassen, die für eine derartige Strategie optieren, sind jedoch starken Kursschwankungen ausgesetzt, die für Aktien typisch sind. Im Falle schnell steigender Zinsen werden die Bewertungen der Portfolios von realwertstarken Kassen stärker leiden, als die der Kassen mit hohem Anteil in Cash und kurzfristigen Obligationen.
Fazit
Es ist nicht nachvollziehbar, dass auch Vorsorgeeinrichtungen von dem Negativzins auf Cash betroffen sind. Die negativen Zinsen entlang der Laufzeiten der Zinskurve haben zur Folge, dass eine neue Positionierung der Pensionskassen erfolgen wird, da Umschichtungen aus Anleihen mit negativer Verfallrendite ökonomisch angezeigt sind. Die dafür zugrunde liegenden Erwartungen für die Zukunft sollten klar kommuniziert werden, damit die neue Asset Allokation nachvollziehbar und verständlich ist.
Olaf Meyer: Stiftungsratspräsident Profond Vorsorgeeinrichtung
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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