Experten-Kolumne |
22.08.2014 17:02:49
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Effizienz in der Altersvorsorge
Kolumne
Der Ökonom Vilfredo Pareto hat als Optimum einen Zustand bezeichnet, den man nicht mehr verbessern kann. Die Veränderung der unterschiedlichen Produktionsfaktoren führt in diesem Fall zu Ergebnissen, die sowohl positive aber auch negative Aspekte haben.
In diesem Sinne kann man die Rendite eines guten Anlageportfolios nur verbessern, wenn man auch ein höheres Risiko in Kauf nimmt.
Da Vorsorge in vielen Bereichen nur geringem Konkurrenzdruck ausgesetzt ist, mögen Zweifel erlaubt sein, ob denn in diesem für uns so wichtigen Sektor die Wirtschaftlichkeit nicht nur in der Anlage sondern auch in anderen relevanten Bereichen bereits hoch entwickelt ist. Diese spannende Frage wird uns in den nächsten Jahren begleiten, da sich die Altersleistungen verringern und deshalb immer mehr Erklärungen eingefordert werden. Die Antworten hierzu sind vielfältig und es wird zumeist dort etwas gefunden, wo keine direkte Verantwortung übernommen werden muss.
So sehen Banken negative Entwicklungen eher bei den Zinsen als bei hohen Gebühren, Pensionskassen erklären hohe Verwaltungskosten durch die zunehmende Regulationsdichte und Versicherungen basieren Preise für ihre Leistungen an Pensionskassen auf Annahmen, die sich jedes Jahr im Vergleich zu den realen Schäden als zu hoch erweisen.
Es zeigt sich, dass weiterhin Transparenz fehlt und Sachverhalte damit unklar bleiben. Teilweise wird dies genutzt, um Missstände zu verschleiern und nicht vor der eigenen Tür zu kehren. Wieder einmal zeigt ein Wirtschaftssektor, dass die so oft beschworenen Selbstheilungskräfte ungenügend sind und es äusserer Anstösse bedarf, um Verbesserungen durchzusetzen.
So ist die Finanzkrise im Jahre 2008 ein wichtiger Meilenstein auf dem Wege zu derartigen Verbesserungen, da hier das Fundament zum Hinterfragen der Vermögensverwaltungskosten gelegt wurde. So werden diese Kosten nun verstärkt analysiert. Die gesetzliche Auflage für Vorsorgeeinrichtungen seit 2012 ihre Kosten offen zu legen, hat das Bewusstsein dafür geschärft, dass gute Renditen nicht unbedingt teuer erkauft werden müssen. So sollte nun ein weiterer Schritt erfolgen, der darin besteht, diese und andere Kosten der Vorsorgeeinrichtungen inhaltlich zu definieren. Dies, damit nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden, da denn Vorsorgeeinrichtungen diese Kosten immer noch sehr unterschiedlich interpretieren. Entgegen der vielfach geäusserten Kritik an Aufsichtsbehörden glaube ich, dass diese in vielem zur Steigerung der Effizienz beitragen, indem sie zwar legale aber doch auch fragwürdige Praktiken sichtbar machen. So ist nicht zuletzt das Verbot der Retrozessionen ein Schritt zu mehr Effizienz in der Vorsorge und dies auch für Banken und Vermögensverwalter.
Der wichtige Aspekt, dass Krisen und Regulierung effizienzerhöhend sein können, wird denn auch selten betrachtet. Oft wird beklagt, dass gerade kleinere Vorsorgeeinrichtungen nicht mehr überleben können. Dies erinnert z. B. an die Lebensmittelbranche, die eine tiefgreifende Umstrukturierung erfahren hat, vor allem da von den Kunden immer mehr Effizienz eingefordert wurde. So ist im Bereich der Vorsorge festzustellen, das Grösse Kostenvorteile ermöglicht, da einerseits günstiger "eingekauft" werden kann und andererseits die Fixkosten pro Person sinken.
Am Beispiel der Vermögensverwaltungskosten wird dies deutlich, da grosse Vorsorgeeinrichtungen eine starke Verhandlungsposition haben und zudem ja auch diese Dienstleistungen intern erstellen können. Die Optimierung durch "make or buy" ist ebenfalls wichtig, damit die Wertschöpfungskette in der Vorsorge optimiert wird. Negativ ist, dass Regulierung oftmals auch ein Ansteigen der Fixkosten zur Folge hat, was dazu führt, dass in kleineren Einrichtungen die Kosten überproportional steigen, während grosse Vorsorgeeinrichtungen dies durch Effizienzgewinne in anderen Bereichen kompensieren können. Die Vorsorgeeinrichtungen stehen hier am Anfang einer neuen Phase, in der vergleichbar mit dem e-banking bei Banken, hohe Effizienzgewinne in der Verwaltung realisierbar sind. Dies bedingt einen Wandel der Mentalitäten und Änderungen in der Organisation und IT.
Um diese Potentiale wirklich einzulösen ist es wichtig, den Druck auf die Transparenzanforderungen hoch zu halten, da Veränderungsprozesse vielfach als schmerzlich empfunden werden und nicht ohne Anstoss eingeleitet und realisiert werden.
Noch wichtiger ist es, die Positionen der Stiftungsräte und Geschäftsführungen in Vorsorgeeinrichtungen mit Personen zu besetzen, die kompetent und unabhängig derartige Veränderungen durchsetzen können und wollen. In diesem Bereich sind noch viele Hindernisse und Widerstände festzustellen.
Die Auswahl von fachlich qualifizierten Stiftungsräten wird durch das Prinzip der paritätischen Besetzung erschwert und auch die gängige Praxis, dass ein Stiftungsrat als gering bezahltes Milizorgan funktioniert, verzögert letztendlich unabdingbare Anpassungen in vielen Vorsorgeeinrichtungen.
Die Professionalisierung der Stiftungsräte ist in ihrer Bedeutung für die Veränderungsprozesse bis heute nicht erkannt worden. Dies steht "quasi" im Widerspruch zum gesetzlichen Auftrag der Stiftungsräte, der in den letzten Jahren noch einmal deutlich erweitert wurde. Ein zusätzlicher Anstoss könnte dadurch erfolgen, dass die fachlichen und personellen Anforderungen an Stiftungsräte klar definiert und bindend werden und dafür Abstriche bei der Parität Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemacht werden. Sofern Vorsorgeeinrichtungen wirklich professionell geführt werden, ist denn auch die Parität weniger wichtig. Mögliche Interesskonflikte könnten zudem in Statuten oder Verordnungen verankert werden. Auch ist ein Ombudsmann oder -frau denkbar.
Weiterhin ist es hilfreich, zusätzliche Ausbildungen für die Vorsorge zu entwickeln, die verstärkt die unternehmerischen Aspekte behandeln. Bestehende Ausbildungen sind eher im Expertentum angesiedelt, obwohl es jetzt an der Zeit ist, "Vorsorgemanager" auszubilden. Hier sollte auch vermehrt ein Beitrag der Hochschulen erfolgen.
Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Vorsorgeeinrichtungen die Zeichen der Zeit erkannt haben und sich in der Zukunft unternehmerisch(er) verhalten.
Olaf Meyer: Stiftungsratspräsident Profond Vorsorgeeinrichtung
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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