Experten-Kolumne |
10.03.2016 11:43:45
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Franchise: Die goldene Mitte rechnet sich nicht
Kolumne
Bei der Wahl der Franchise ihrer Krankenversicherung treffen die meisten Versicherten eine falsche Entscheidung. Es gibt einige Faustregeln für wen sich welche Franchise bezahlt macht. Die jährliche Anpassung lohnt sich.
Der Gesetzgeber lässt den Krankenversicherten in der Schweiz die Wahl, wie weit sie sich über die Höhe der Franchise an den Kosten für ihre Gesundheit beteiligen möchten. Es gibt neben der ordentlichen Franchise von 300.00 Wahlfranchisen von 500.00, 1‘000.00, 1‘500.00, 2‘000.00 und 2‘500.00. Die Unterschiede sind je nach Krankenkasse und Wohnort des Versicherten markant und können weit über hundert Franken pro Monat ausmachen.
Wie hoch man die Franchise setzt, sollte in erster Linie von der Höhe der zu erwartenden Gesundheitskosten abhängig gemacht werden. Dazu zählen sämtliche Arzt- und Medizinkosten, die monatlichen Beiträge an die Krankenkasse, allfällige Taggelder bei Spitalaufenthalten und der Selbstbehalt der Versicherten. Diesen müssen alle Versicherten selber tragen, unabhängig von der Höhe der Franchise oder dem gewählten Versicherungsmodell. Der Selbstbehalt beläuft sich auf 10% der Kosten, welche die Franchise übersteigen, bis maximal 700.00pro Jahr. Es ist zu beachten, dass Angestellte über eine Unfalldeckung bei ihrem Arbeitgeber verfügen und daher die Unfalldeckung in der Grundversicherung ausschliessen können. Somit würden bei einem Unfall weder Franchise noch Selbstbehalt fällig, da die Kosten über die Unfallversicherung des Arbeitgebers abgerechnet würden. Bei Schwangerschaften müssen ebenfalls weder Franchise noch Selbstbehalt bezahlt werden.
Oft lohnt sich der Wechsel in eine tiefere Franchise
Wenn man mehr als 1‘700.00 im Jahr für seine Gesundheit ausgibt, lohnt sich meist schon der Wechsel in die ordentliche Franchise von 300.00. Genau lässt sich das Sparpotenzial aber nur individuell berechnen, da die Versicherungsgesellschaften unterschiedliche Rabatte auf die höheren Franchisen gewähren. Bei einigen Gesellschaften ist der Maximalrabatt bereits bei einer Jahresfranchise von 2‘000.00 erreicht.
Versicherte mit chronischen Leiden die regelmässig einen Arzt aufsuchen, wählen demnach im Idealfall die tiefste Jahresfranchise. Versicherte, die sich gesund fühlen und selten in ärztliche Behandlung müssen, fahren mit der höchsten Jahresfranchise am besten. Jedoch sollte man dann auch finanziell in der Lage sein, im medizinischen Notfall mehrere tausend Franken aufzubringen. Im schlimmsten Fall, bei einem Spitalaufenthalt zum Jahresende und über den Jahreswechsel hinaus, würden zweimal die 2‘500.00 (es handelt sich ja um eine Jahresfranchise) und zweimal die 700.00 (es handelt sich ja um einen jährlichen Selbstbehalt) fällig; also insgesamt 6‘400.00. Diesen Betrag muss man im schlimmsten Fall bezahlen können. Bei einem pensionierten Ehepaar - beide haben die Unfalldeckung in der Regel in der Grundversicherung eingeschlossen - mit einem Unfall kurz vor Jahresende könnte sogar für beide dieses worst case-Szenario eintreten. Eine Kostenbeteiligung von insgesamt 12‘800.00 wäre die Folge. Diese zumindest theoretisch bestehende Besorgnis über möglicher Weise hohe Spitalrechnungen veranlasst rund 40 Prozent der Versicherten doch lieber eine mittlere Franchise und damit die für sie meist ungünstigste Variante zu wählen.
Jahr für Jahr neu überlegen
Nebst dieser Tendenz zur Wahl einer mittleren Franchise ist angesichts der stetig steigenden Krankenkassenprämien zudem festzustellen, dass immer mehr Versicherte die Maximalfranchise von 2‘500.00 wählen, um ihre finanzielle monatliche Belastung zu reduzieren. Dies rächt sich aber, wenn eine Behandlung im Spital notwendig wird und der Versicherte keine ausreichenden flüssigen Mittel zur Verfügung hat und die Rechnungen schlimmstenfalls in Raten zahlen muss. In solchen Fällen ist die vorgängig erzielte monatliche Prämieneinsparung sehr schnell dahin geschmolzen.
Daher lohnt es sich, jedes Jahr neu zu überlegen, welche Franchise man für das kommende Jahr wählt. Eine Anpassung ist ohne grösseren Aufwand möglich und sofern ärztliche Behandlungen planbar sind, kann sich die wiederholte Herauf- beziehungsweise Herabsetzung der Franchise durchaus lohnen. Eine Anpassung der Franchise ist jeweils per Ende eines Jahres möglich.
Stephan Wirz ist Mitglied der Geschäftsleitung der Maklerzentrum Schweiz AG, einer führenden Anbieterin von Versicherungslösungen im Privatkundenbereich.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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